Simone Weil Aufzeichnungen

 

Simone Weil Cahiers. Aufzeichnungen, Bd1-4, München, Wien, 1998 (Carl Hanser Verlag)
Pag.: 67-72 , 72-79; 91-93; 103-105, 158-164, 284-353

Die Barmherzigkeit ist eine ganz und gar göttliche Eigenschaft. Es gibt keine menschliche Barmherzigkeit. Die Barmherzigkeit setzt einen unendlichen Abstand voraus. Man hat kein Mitleid mit dem, was nah ist.
Jaffier.
Die Barmherzigkeit steigt herunter von dem, was nicht leidet, zu dem, was leidet. Um barmherzig zu sein, muss man in sich einen unanrührbaren Punkt der Seele haben. Und der ganze Rest ohne Verteidigung den Zufällen des Glucks ausgesetzt.
Das Mitleid, das man für den Unglücklichen verspürt, ist die Barmherzigkeit, welche der unanrührbare Teil der eigenen Seele im Unglück für den empfindsamen verspürt. Das Mitleid, das Christus für sich selber verspürte, als er sagte: »Mein Vater, lass diesen Kelch an mir vorübergehen …Mein Gott, warum hast du mich verlassen? « Das stumme Mitleid des Vaters für Christus.
Dieses Mitleid für sich selbst ist das, was eine reine Seele im Unglück verspürt. Eine reine Seele verspürt das gleiche Mitleid vor dem Unglück der anderen.
Die Liebe, die den verlassenen Christus am Kreuz durch einen unendlichen Abstand mit seinem Vater vereint, wohnt in jeder heiligen Seele. Ein Punkt dieser Seele ist andauernd beim Vater. »Dort, wo ein Mensch seinen Schatz hat, hat er sein Herz. « Der empfindsame Teil ist immer der Qual des Unglücks ausgesetzt. In dieser Seele erklingt der Dialog, den der Schrei Christi und das Schweigen des Vaters bilden, ewig in vollkommenem Einklang.
Gegenüber einem Unglücklichen findet diese Seele sofort den richtigen Ton. »Mein Vater, warum hast du ihn verlassen? « Und in ihrem Mittelpunkt antwortet das Schweigen des Vaters.
»Warum ist es erlaubt worden, dass er Hunger hat? «”Während das Denken mit dieser Frage beschäftigt ist, geht man automatisch Brot holen” Wenn die Handlung auf diese Weise vollbracht ist, ist der Unglückliche von Dankbarkeit befreit, denn es ist Christus, der dankt. »Mein Vater, warum …?« Gott klagt sich selbst der Passion Christi an. »Der mich ausliefert, ist schuldiger. ..«
Man kann den Menschen das Böse nur vergeben, indem man Gott anklagt. Wenn man Gott anklagt, vergibt man, denn Gott ist das Gute. In der großen Zahl all derer, die uns offensichtlich etwas schuldig sind, ist Gott unser einziger Schuldner. Doch unsere Schuld ihm gegenüber ist grösser. Er wird sie uns erlassen, wenn wir ihm vergeben.
Die Sünde ist eine Beleidigung Gottes aus Rache für die Schulden, die Er uns nicht bezahlt. Wenn wir Gott vergeben, schneiden wir die Wurzel der Sunde in uns ab. Auf dem Grund jeder Sünde gibt es Zorn gegen Gott.
Wenn wir Gott sein Verbrechen gegen uns vergeben, das darin besteht, uns zu endlichen Geschöpfen gemacht zu haben, wird er uns unser Verbrechen gegen Ihn vergeben, nämlich endliche Geschöpfe zu sein. Wir sind von der Vergangenheit erlöst, wenn wir es annehmen, Geschöpfe zu sein.
Wie sich Gott durch den Mund Christi der Passion angeklagt hat, genauso Gott jedes menschlichen Unglücks anklagen. Und wie Gott durch Schweigen geantwortet hat, durch Schweigen antworten.
Das Mitleid setzt voraus, dass der ganze geistige Teil der Seele in Gott ausgewandert ist und dass der fleischliche Teil der Seele nackt zurückbleibt, ohne Kleidung und Rüstung, allen Schlägen preisgegeben. Wegen dieser Nacktheit macht die bloße Gegenwart eines Unglücklichen die Möglichkeit des Unglücks spürbar.
Die Unvollkommenen machen aus dem geistigen Teil ihrer Seele ein Kleid für den fleischlichen Teil. Wenn der geistige Teil sich in Gott versetzt hat, bleibt der Rest nackt. Christus, nackt ans Kreuz genagelt, den Speeren preisgegeben.
Ein Bewusstsein von sich selbst nicht anders haben, als von einer dem Gehorsam hingegebenen Sache. Nackt und an den Baum des Lebens genagelt leben.
Nur gezwungen handeln, oder unter materieller Notwendigkeit, oder unter einer strengen Verpflichtung, oder unter einem unabweisbaren Befehl Gottes, oder unter einer heftigen natürlichen Neigung. Dann stirbt das »ich« an Entkräftung.
Dort, wo weder Notwendigkeit noch Pflicht, noch Gott eine Richtung vorschreiben, der Neigung folgen. Die Gewohnheit annehmen, immer das zu tun, zu dem man sich verpflichtet glaubt. Das möchte ich ohne Anstrengung schaffen.
Es möge mir gegeben werden, den Punkt zu erkennen, von dem die Wurzel der Sünden ausgeht, und sie mit einem Hieb abzuschneiden. Dann würden nur noch schlechte Gewohnheiten übrigbleiben, die mit gründlicher Arbeit zu bezwingen sind.
Es gibt noch die Perversität.
“Denn ihr seid gestorben, und euer Leben ist verborgen mit Christus in Gott.” -Kolosser 3,3. Man kann den Nächsten nur mit einer Liebe des Mitleids lieben. Das ist die einzige gerechte Liebe. Auch in: “wehe euch” ist Mitleid.
Die Menschen lieben, wie die Sonne uns lieben würde, könnte sie uns sehen. “[. ..] den mühebeladenen Sterblichen [haben die Götter traurige Tage bestimmt].” Ilias, XXIV, 525f. Deutsch von c. und F. L. zu Stolberg. Die Sonne, vorgestellt als denkend, ist das Vorbild der Vollkommenheit.
Wie viele Arten sich zu gehen hat Gott! Das Mitleid macht die Liebe für alle gleich. Die Verachtung des Verbrechens und die Verehrung des Große haben ihren gerechten Punkt im Mitleid.
Das Dogma der Trinität ist notwendig, damit es keinen Dialog zwischen uns und Gott gibt, sondern zwischen Gott und ihm selbst in uns. Damit wir abwesend sind. Gott, der in der Nahrung wohnt. Lamm, Brot. In der Materie, die durch menschliche Arbeit hergestellt worden ist, Brot, Wein.
Das müsste der Mittelpunkt des ländlichen Lebens sein. Durch seine Arbeit gibt der Bauer, wenn er diese Absicht hat, ein wenig von seinem Fleisch, damit es Fleisch Christi werde. Er müsste geheiligt werden. Die Heiligkeit ist eine Verwandlung wie die Eucharistie.
Damit ein Mensch Christus wirklich so in sich enthält wie die Hostie nach der Konsekration, müssen vor allem anderen sein Fleisch und sein Blut tote Materie werden, und außerdem verzehr bar für seinesgleichen. Dann kann diese Materie durch eine geheime Konsekration Fleisch und Blut Christi werden. Diese zweite Verwandlung ist allein Gottes Sache, aber die erste ist teilweise unsere.
Es genügt, mein Fleisch und mein Blut als tote, fühllose Materie anzusehen und als verzehr bar für die anderen. “Nicht auf sich hören”, »man muss« -der volkstümliche Stoizismus enthält einen Keim davon.
Wenn die Feldarbeit mich abmagern lässt, wird mein Fleisch wirklich zu Weizen. Wenn dieser Weizen für die Hostie dient, wird es Fleisch Christi. Jeder, der mit dieser Ansicht Feldarbeit leistet, muss ein Heiliger werden.
Gott hat mich als ein Nicht-Seiendes geschaffen, das den Anschein erweckt zu sein, damit, indem ich aus Liebe auf dieses scheinbare Dasein verzichte, die Fülle des Seins mich vernichtet. Den volkstümlichen Stoizismus in den Glauben aufnehmen.
Das ist nie getan worden. Den Unglücklichen im geistigen Sinne ihr Bürgerrecht im Christentum geben. Gibt es in der Liste der Heiligen nicht mehr Fürsten als Bauern?
Gott hat mich als ein Nicht-Seiendes geschaffen, das den Anschein erweckt zu sein, damit ich, indem ich aus Liebe auf das verzichte, was ich für mein Wesen halte, aus dem Nichts hinaustrete. Dann gibt es kein Ich mehr. Das Ich ist Nichts. Aber ich habe kein Recht, das zu wissen. Wenn ich es wüsste, wo wäre der Verzicht? Ich werde es niemals wissen.
Die anderen sind Täuschungen des Seins für sich selbst.
Diese Art, sie mir vorzustellen, macht mir ihr Dasein nicht weniger, sondern starker wirklich. Denn ich sehe sie in ihrer Beziehung zu sich selbst, nicht zu mir. Um angesichts eines Unglücklichen Mitleid zu empfinden, muss sich die Seele in zwei Hälften teilen. Ein Teil, der vor jeder Ansteckung, jeder Gefahr von Ansteckung ganz und gar geschützt ist. Ein Teil, der bis zur Identifizierung damit verseucht ist. Diese Spannung ist Passion, com-passion, Mit-leiden. Die Passion Christi ist diese Erscheinung in Gott.
Solange man nicht in der Seele einen Punkt der Ewigkeit hat, der vor jeder Ansteckung durch das Unglück geschützt ist, kann man kein Mitleid mit Unglücklichen haben. Entweder hält einen der Unterschied der Umstände oder der Mangel an Einbildungskraft von ihnen fern, oder wenn man sich wirklich nähert, ist das Mitgefühl mit Grausen, Widerwillen, Furcht, unüberwindbarer Abscheu vermischt.
Jede Regung von reinem Mitleid in einer Seele ist ein neues Herabsteigen Christi zur Erde, um gekreuzigt zu werden. Die in Gott aufgegangenen Seelen, die kein Mitleid für das menschliche Elend empfinden, befinden sich im aufsteigenden, nicht im absteigenden Zustand (selbst wenn sie sich guten Werken widmen).
Ein einziges Stück Brot, das man einem Hungrigen gibt, genügt, um eine Seele zu retten -wenn es in der richtigen Weise gegeben wurde. Mit soviel Demut geben, wie angemessen ist, wenn man nimmt, ist nicht leicht. Mit der Haltung des Bettlers geben.
Man muss gleichzeitig wissen, dass man nicht ist, und nicht sein wollen. Demut ist die Wurzel der Liebe. Demut hat eine unwiderstehliche Wirkung auf Gott. Gott stünde unterhalb von uns, wenn er nicht in der Person Christi gedemütigt worden wäre.
Hunger (Durst etc.) und jedes fleischliche Verlangen ist eine Ausrichtung des Körpers auf die Zukunft. Jeder fleischliche Teil unserer Seele ist auf die Zukunft gerichtet. Der Tod lässt ihn gefrieren. Die Entbehrung ähnelt von fern dem Tod.
Das Fleisch lebt mit der Ausrichtung auf die Zukunft. Die Begierde ist das Leben selbst. Die Loslösung ist ein Tod. »Terit carni superbiam -potus cibique parcitas.« Der Hochmut des Fleisches besteht in dem Glauben, dass es sein Leben aus sich selber schöpft. Hunger und Durst lassen es spüren, dass es von draußen abhängt. Das Gefühl der Abhängigkeit macht es demütig.

Aufzeichnungen S. Weil 4, 72-79; 91-93; 103-105

Man muss gleichzeitig wissen, dass man nicht ist, und nicht sein wollen.
Demut ist die Wurzel der Liebe. Demut hat eine unwiderstehliche Wirkung auf Gott. Gott stünde unterhalb von uns, wenn er nicht in der Person Christi gedemütigt worden wäre.

Hunger (Durst etc.) und jedes fleischliche Verlangen ist eine Ausrichtung des Körpers auf die Zukunft. Jeder fleischliche Teil unserer Seele ist auf die Zukunft gerichtet. Der Tod lässt ihn gefrieren. Die Entbehrung ähnelt von fern dem Tod. Das Fleisch lebt mit der Ausrichtung auf die Zukunft. Die Begierde ist das Leben selbst. Die Loslösung ist ein Tod. »Terit carni superbiam – potus cibique parcitas. « Der Hochmut des Fleisches besteht in dem Glauben, dass es sein Leben aus sich selber schöpft. Hunger und Durst lassen es spüren, dass es von draußen abhängt. Das Gefühl der Abhängigkeit macht es demütig.

Jo, das herumirrende Mädchen, und der Mond der Zigeuner. Bei Origenes suchen: Matth. 5,45-48 (seid vollkommen …)

Postulat: was tiefer steht, hängt ab von dem, was höher steht. Es gibt nur eine Quelle des Lichts. Halbschatten, das sind keine Lichtstrahlen aus einer anderen, halbdunklen Quelle, es ist das gleiche, degradierte Licht. So muss die Mystik den Schlüssel für alle Erkenntnisse und alle Werte bereithalten.
Die Harmonie ist der Schlüssel (Philolaos).
Christus ist der Schlüssel.
Jede Geometrie geht vom Kreuz aus.
Das Schöne ist die Berührung des Guten mit der Empfindungsfähigkeit. (Das Wirkliche ist dasselbe.)
Das Wahre ist die Berührung des Guten mit dem Verstand. Jedes Gut hier unten, jede Schönheit, jede Wahrheit sind unterschiedliche und partielle Seiten eines einzigen Guten. Folglich sind es Güter, die angeordnet werden müssen. Puzzlespiele
sind ein Abbild dies es Vorgangs. Von einem passenden und passend verbundenen Punkt aus gesehen bildet all das eine Architektur. Diese Architektur erlaubt es, das einzige und unbegreifbare Gute zu erfassen.
Jede Architektur ist dafür ein Symbol, ein Abbild. Das gesamte Universum ist nichts als eine große Metapher.
Die Astrologie etc. bilden degradierte Spiegelungen dieser Erkenntnis des Universums als Metapher, möglicherweise Versuche – aber unrechtmäßige (scheint mir) -, materielle Beweise dafür zu finden. Genauso die Alchimie.
Flehen bedeutet, Leben oder Tod von außen zu erwarten. Auf Knien, mit geneigtem Kopf, in der bequemsten Haltung für den Sieger, damit er den Hals mit einem Schwertstreich durchtrennt; die Hand berührt seine Knie (aber wahrscheinlich wurde sie früher höher gehalten), um von seinem Mitleid – wie vom Samen eines Vaters – das Geschenk des Lebens zu empfangen.
Einige Minuten des Wartens fließen so im Schweigen dahin. Das Herz entleert sich all seiner Bindungen, erstarrt durch die unmittelbare Berührung mit dem Tod. Ein neues Leben wird empfangen, gemacht nur aus Erbarmen.
So müsste man zu Gott beten.
Das Warten ist die Grundlage des geistigen Lebens.
Das kindliche Mitleid ist nur ein Abbild der Haltung gegenüber Gott.
Wenn die Seele ihren Hunger nach dem Brot des Lebens zu Gott schreien würde, ohne jede Unterbrechung, ohne jede Ermüdung, wie ein Neugeborenes, wenn die Mutter vergessen hat, es zu stillen…
Mögen diese Schreie, die ich mit ein oder zwei Wochen ausgestoßen habe, in mir ohne Unterbrechung widerhallen für diese Milch, die der Same des Vaters ist.
Die Milch der Jungfrau, der Same des Vaters – ich werde sie haben, wenn ich danach schreie, sie zu haben. Die erste Technik, die dem Menschengeschlecht gegeben wurde, ist der Schrei. Nach dem, was die Arbeit einem niemals verschaffen kann, danach schreit man. Die erste Nahrung kommt aus der Mutter und wird auf die Schreie der Länder hin gegeben; keinerlei Arbeit hat daran Anteil.
Die Milch der Jungfrau ist die Schönheit der Welt. Von der Seite der Schönheit aus ist die Welt vollkommen rein. Gerechtigkeit – die als schön wahrgenommene Welt erscheint als vollkommen gerecht. Die Jungfrau ist die Gerechtigkeit. Die Jungfrau des Tierkreises trägt eine Ähre. Kosmische Jungfrau in der Apokalypse. Die Jungfrau ist die Schöpfung von der Seite der Reinheit. (Eine lebendige Frau war so rein, daß es dieser vollkommenen Reinheit der Schöpfung, als solche betrachtet, entspricht. Wenigstens – vielleicht …) Wahrheit – die Schönheit des Universums ist das Zeichen dafür, daß es wirklich ist.

Deut. 12,23. Vermeide es, Blut zu essen, denn das Blut ist das Leben, und du sollst nicht das Leben mit dem Fleisch aufnehmen. Iss es nicht! Gieße es auf die Erde wie Wasser! (Dasselbe in Levit. 17,10-15 .)
Cf. Knochen in den Märchen der Indianer und in den Empfehlungen für das Osterlamm, Exodus. 12,46. »Zerbrecht auch nicht einen einzigen Knochen. « »Das Blut vergießen und mit Erde bedecken. Denn das lebendige Prinzip eines jeden Geschöpfs ist sein Blut, das in seinem Körper ist… Denn das Leben eines jeden Geschöpfs ist sein Blut.
Gebräuche in Hinblick auf die Auferstehung des Tiers.
Kein einziger Knochen Christi ist zerbrochen worden; sein Blut ist auf die Erde gelaufen.
Aber die Christen essen Blut.
Deut. 16,21. »Du sollst bei dir weder ein Wäldchen noch irgendeinen Baum pflanzen neben dem Altar, den du für den Ewigen, deinen Gott, errichten wirst, und du sollst keine Statue bei dir errichten, was dem Ewigen, deinem Herrn, verhasst ist. « Im Gegensatz dazu heilige Bäume und Wäldchen bei den Griechen.
Deut. 19,10. »Niemand soll sich bei dir finden, der seinen Sohn oder seine Tochter durchs Feuer gehen läßt. « Cf. das Wort Johannes des Täufers. Er wird taufen in Geist und Feuer.
Das ist die Taufe, die Demeter und Isis ihren Säuglingen, ihren Adoptivkindern gegeben haben. War es ein Opfer oder einfach nur eine Taufe?

Jahweh hat Israel die gleichen Versprechungen gemacht wie der Teufel Christus.

Gott ist hier unten nur allmächtig, um die zu retten, die von ihm gerettet werden wollen. Den ganzen Rest seiner Macht hat Er dem Fürsten dieser Welt und der toten Materie überlassen. Er hat nichts als geistige Macht. Und die Geistigkeit selber hat hier unten nur das notwenige Minimum an Macht, um zu existieren. Senfkorn, Perle, Hefe, Salz.

Schlange, Abbild des Mondes; andererseits war der Wechsel der Haut vielleicht ein Symbol der neuen Geburt.

Die Anstrengung des Willens in Richtung auf die Tugend und das Vollbringen von Plichten hat keinen Wert an sich, sondern als ein Gebet ohne Worte, als ein Gebet durch Gesten, stumm.
Ein Kind von ein paar Monaten, das einen glänzenden Gegenstand will, kann schreien, damit man ihn ihm gibt. Es kann auch die Hand ausstrecken, sie erschöpft sinken lassen, sie wieder ausstrecken, stundenlang. Seine Mutter wird das irgendwann bemerken und nicht ertragen können; sie wird ihm den Gegenstand geben.
Eine Ameise klettert eine senkrechte und glatte Fläche hinauf, schafft ein paar Zentimeter und fällt, klettert wieder und fällt, Klettert wieder und fällt. Ein Kind, das sie beobachtet, wird sich zehn Minuten über das Schauspiel freuen, dann kann es das nicht mehr ertragen; es setzt die Ameise auf einen Strohhalm und hebt sie über die senkrechte Fläche hinauf.
So zwingen wir Gott, indem wir ihn durch unsere Geduld ermüden, die Zeit in Ewigkeit zu verwandeln. Geduld, die imstande ist, Gott zu ermüden, geht aus einer unendlichen Demut hervor. Demut gibt uns Macht über ihn. Allein das vollkommen leere Nichts kann sich mit dem vollkommen dichten Sein vereinigen. Allein durch Demut können wir vollkommen sein wie unser Vater. Dazu braucht man ein vollständig zermalmtes Herz.
Ein Gebet aus Gesten, wie das der kletternden und fallenden Ameise, ist noch demütiger als ein Gebet aus Worten oder Schreien, seien sie auch innerlich, oder aus einer schweigenden Ausrichtung des Verlangens. Das bedeutet zu wissen, daß man nichts kann, und sich trotzdem in als nutzlos erkannten Anstrengungen erschöpfen, im demütigen Warten auf den Tag, an dem dies von der Macht, die man nicht anzurufen wagt, vielleicht bemerkt wird.
Es gibt keine Haltung größerer Demut als stummes und geduldiges Warten. Das ist die Haltung des Sklaven, der bereit ist für jeden beliebigen Befehl seines Herrn, oder für die Abwesenheit von Befehlen.
Warten ist handelnde Passivität des Denkens.
Warten ist verwandeln von Zeit in Ewigkeit.
»Sie werden Frucht tragen im Warten. «”‘

Die Hochmut des Fleisches besteht darin zu glauben, daß es Zugriff auf die Zukunft hat, daß der Hunger ihm ein Recht gibt, bald zu essen, der Durst ein Recht, bald zu trinken. Die Entbehrung
nimmt ihm die Täuschung und Lässt es in Gestalt von Angst die Ungewissheit der Zukunft erfahren, das Fehlen von Zugriff, die völlige Machtlosigkeit des Menschen sogar gegenüber der nahen Zukunft. Der Schrei des Stolzes bedeutet »die Zukunft gehört mir in welcher Form auch immer.
Demut ist die Erkenntnis der entgegengesetzten Wahrheit. Wenn nur die Gegenwart mir gehört, bin ich Nichts, denn die Gegenwart ist Nichts.
Das transzendente Brot ist das heutige Brot; es ist auch die Nahrung der demütigen Seele.
Alle Sünden sind Versuche, der Zeit zu entfliehen. Tugend besteht darin, die Zeit zu erdulden, die Zeit auf sein Herz zu pressen, bis das Herz zermalmt ist. Dann ist man im Ewigen. Das Unglück läßt die Seele gefrieren, indem es sie gegen ihren Willen auf die Gegenwart beschränkt.
Demut ist das Einverständnis mit dieser Beschränkung. Demut ist das Einverständnis mit dem, was der Natur Grauen einflößt, mit dem Nichts.
Ich bin nicht, und ich willige ein, nicht zu sein, denn ich bin nicht das Gute, und ich will, daß es nur das Gute gibt. Gott wäre auf eine solche Liebe eifersüchtig, hätte er nicht die Vollkommenheit als Christus.
Gott will sein, nicht weil er er selbst ist, sondern weil er das Gute ist. Der Vater Lässt den Sohn aus Liebe sein, weil der Sohn das Gute ist. Der Sohn will nicht durch Liebe sein, denn nur der Vater ist das Gute.
Für den Vater ist Gott der Sohn. Für den Sohn ist Gott der Vater. Alle beide haben recht, und das bildet eine einzige Wahrheit. Deshalb sind sie zwei Personen in einem einzigen Gott. Der Vater ist Schöpfung des Seins, der Sohn ist Verzicht auf Sein; dieser doppelte Antrieb ist eine einzige Handlung, die Liebe oder Geist ist. Wenn die Demut uns daran Anteil haben läßt, ist die Trinität in uns.
Dieser Austausch von Liebe zwischen Vater und Sohn geht über die Schöpfung. Nichts anderes und nicht mehr wird von uns verlangt, als in diesen Weg einzuwilligen. Wir sind nur diese Einwilligung.

Lob für Gott und Mitleid für die Geschöpfe.
Das ist dieselbe Bewegung des Herzens.
Wie ist das möglich, obwohl es doch offensichtlich einen Gegensatz zwischen beidem gibt?

Gott danken wegen seines großen Ruhms, und Mitleid haben mit den Geschöpfen wegen ihres Elends. Mitleid haben mit Christus, der Durst und Hunger hatte und müde war.
Dankbarkeit für Gott und Mitleid für jedes Geschöpf. Lob für Gott und Erbarmen für jedes Geschöpf. Ein Geschöpf kann kein rechtmäßiger Gegenstand einer anderen Liebe sein als des Erbarmens. Und Gott nicht Gegenstand einer anderen Liebe als des Lobs.
Unser Elend ist das Lob Seines Ruhms.
Ich bin dein Ruhm auf der Erde gewesen. (Joh17,4)
Ich habe deinen Namen sichtbar gemacht. (Joh 17,6)
Ich habe meinen Ruhm in ihnen. (Joh 17.10)
Mitleid für jedes Geschöpf, denn es ist weit entfernt vom Guten. Unendlich weit. Verlassen.
Gott überläßt unser ganzes Wesen, Fleisch, Blut, Empfindungsfähigkeit, Verstand, Liebe, der unerbittlichen Notwendigkeit der Materie und der Grausamkeit des Dämons, mit Ausnahme des ewigen und übernatürlichen Teils der Seele.
Die Schöpfung ist Verlassen sein. Indem Gott erschaffen hat, was etwas anderes ist als Er selbst, hat Er sie notwendigerweise verlassen. Er hält nur das unter seiner Aufsicht, was in der Schöpfung Er selbst ist – den unerschaffenen Teil jedes Geschöpfs. Das ist das Leben, das Licht, das Wort. Das ist die Gegenwart des einzigen Sohns Gottes hier unten. Es genügt, in diese Ordnung einzuwilligen. Wie vereinigen sich Einwilligung und Mitleid? Wie kann dies eine einzige Tat der Liebe sein, obwohl es unversöhnbar scheint?
Weisheit, lehre mich das.
Gott ist abwesend von der Welt, außer durch das Dasein derjenigen in dieser Welt, in denen Seine Liebe lebt. Sie müssen in der Welt also durch das Erbarmen gegenwärtig sein. Ihr Erbarmen ist die sichtbare Gegenwart Gottes hier unten. Wenn wir kein Erbarmen üben, trennen wir gewaltsam ein Geschöpf und Gott.
Durch das Erbarmen können wir den erschaffenen, zeitlichen Teil eines Geschöpfes mit Gott in Verbindung setzen. Das ist ein Wunder, welches dem Schöpfungsakt selber entspricht. Die Grausamkeit der Juden und Römer hat soviel Macht über Christus gehabt, daß er sich deshalb von Gott verlassen gefühlt hat.
Das Erbarmen füllt jenen Abgrund, den die Schöpfung zwischen Gott und Geschöpf hergestellt hat. Es ist der Regenbogen.”
Das Erbarmen muß den gleichen Umfang wie der Schöpfungsakt haben. Kein Geschöpf darf von ihm ausgenommen werden.
Sich selbst nur mit einer Liebe des Erbarmens lieben. Jedes erschaffene Ding ist Gegenstand des Erbarmens, denn es vergeht.
Jedes erschaffene Ding ist Gegenstand des Erbarmens, denn es ist begrenzt. Das auf einen selbst gerichtete Erbarmen ist die Demut. Die Demut ist die einzige erlaubte Form der Selbstliebe.
Lob für Gott, Mitleid für die Kreaturen, für einen selbst Demut.
Ohne Demut sind alle Tugenden endlich. Allein die Demut macht sie unendlich. (72-79)

Wenn man sich totstellt, kommt Gott und bringt das Leben von oben.
Warten ist die äußerste Passivität. Es heißt, der Zeit gehorchen. Die vollkommene Unterwerfung unter die Zeit verpflichtet Gott, die Ewigkeit zu senden.
Negative Prüfung: eine Frucht nicht essen – eine Tür nicht öffnen – nicht an den weißen Bären denken – das ist der Übergang der Zeit in das Ewige über das Zwischenglied des Unaufhörlichen.
Unaufhörliches Leiden oder Entbehrung annehmen ist das Tor zur Ewigkeit; unaufhörliche Freude auch: doch das ist schwieriger. Nach einer gewissen Zeit nimmt Leiden von sich aus die Farbe des Unaufhörlichen an.
Die Zeit annehmen – der Teil der Seele, der annimmt, ist der Zeit entzogen. Durch das Herabsteigen dessen, das nach unten gehört, wird das, was nach oben gehört, erhöht. Wir haben nicht die Macht, zu erhöhen. Wir haben nur die Macht, zu erniedrigen. Deshalb ist das sich Erniedrigen der einzige Aufstieg.

Der Pantheismus ist nur für die Heiligen, die den Zustand der Vollkommenheit erreicht haben, wahr. Es gibt keine Wahrheit der niedrigeren zustände, denn sie enthalten den Irrtum. Deshalb gibt es keine Wahrheit des Bösen, außer in Gestalt eines vollkommenen Menschen, der leidet. Darum ist von der Sünde reingewaschen werden und danach leiden die Voraussetzung, zur Wahrheit zu gelangen. Das Kreuz ist der Weg.

Der ausgestreckte Arm ist die mittlere Proportionale zwischen Kopf und Körper – wenn der Mensch ein wenig über die Erde erhoben ist (und bei den griechischen Statuen? den Kanon suchen).

Alles, was hier unten ist, ist bedingt.
Allein das Annehmen ist in uns unbedingt.
Alles Beliebige schließt das Unendliche ein.
Auch in diesem Fall enthält die Mathematik ein Abbild der Methode der Erlösung.
Irgendetwas Beliebiges annehmen, nicht irgendetwas Beliebiges tun.
Irgendetwas Beliebiges als Ergänzung zum Tun ist nicht unendlich. Was das Tun ins Unendliche versetzt, ist, im Gegenteil, die Begrenzung. Niemals . . . Das Tabu.
Aber das Tabu verliert seine Kraft, wenn es von einer Belohnung und einer Strafe bedingt ist.
Wenn das Tabu reiner Gehorsam ist, wird Tun eine Form des Annehmens. Das ist notwendig, damit das Annehmen vollkommen wird. Sonst erscheinen immer irgendwelche Formen des Ausgleichs.
Warten und gehorchen.
Warten setzt die ganze Anspannung des Verlangens voraus, aber ohne Verlangen, eine Anspannung, die als unaufhörliche angenommen wird.
Der unpersönliche Gott im Evangelium. »Ich werde ihn nicht richten, mein Wort wird ihn richten. «'” (Joh 12,47-48)
Gott muß unpersönlich sein, damit er am Bösen unschuldig ist, persönlich, damit er für das Gute verantwortlich ist. »Wer immer nicht gezeugt ist von oben aus Nichts und Sein…”(Joh 3,3 en 5)
Gegessen werden, dann sollen die eigenen Knochen ins Wasser geworfen werden.

Alles, was hier unten ist, ist Sklave des Todes. Der Schrecken des Todes ist das eherne Gesetz, das alle unsere Gedanken und alle unsere Handlungen bestimmt.
Das Annehmen des Todes ist die einzige Befreiung. Hat einer Vertrauen in mich, so werden Flüsse aus seinem Bauch strömen, Flüsse lebendigen Wassers. (Joh 7,38)
Die Macht, Kinder Gottes zu werden, jene, die Vertrauen hatten in seinen Namen, die gezeugt wurden nicht vom Willen des Fleisches oder vom Willen des Mannes, sondern von Gott. (Joh 1,12-13)
Der Wille des Mannes – wenn sich ein Mann sagt: ich will mich mit meiner Frau vereinigen, um ein Kind zu haben. Der Wille des Fleisches, wenn ein Mann von der Lüsternheit getrieben wird, sich mit einer Frau zu vereinigen.

Um Kind Gottes zu werden, muß man sterben und wiedergeboren werden. Gezeugt werden vom Samen Gottes. Ein unzerstörbarer Samen wird in den Körper gesät.
Jener, der im heiligen Atem tauft. (Joh 1,33)
Zunächst kommt das Wasser. Wenn der Gast betrunken ist, dann gibt ihm Christus den besten Wein.
Er schickt das himmlische Feuer ins Wasser und macht so daraus den vollkommenen Wein. (Joh 2)
Wer gezeugt ist aus dem Fleisch, ist Fleisch, wer gezeugt ist aus dem Atem, ist Atem. (Joh 3,6)
Der Atem kann sich nicht mit dem Fleisch vereinigen, um zu zeugen. Nur mit dem Wasser. Das Fleisch muß Wasser werden.
Wer immer gezeugt ist aus dem Atem, atmet, wo er will, und läßt seine Summe hören, ohne das einer weiß, woher er kommt oder wohin er geht (außer seinesgleichen). (Joh 3,8)
Ich sage dir irdische Dinge. (Joh 3,12)
Niemand ist aufgestiegen bis zum Himmel außer dem, der vom Himmel herabgekommen ist. (Joh 3,13)
Wer immer Vertrauen in ihn hat, hat das ewige Leben. (Joh 3,15)
Gott hat die Welt so sehr geliebt, daß er seinen einzigen Sohn gegeben hat, damit der, der Vertrauen in ihn hat, nicht verloren ist, sondern das ewige Leben hat. Gott hat seinen Sohn nicht auf die Welt geschickt, damit er die Welt richtet, sondern damit die Welt durch ihn gerettet wird. Wer Vertrauen in ihn hat, wird nicht gerichtet. Wer kein Vertrauen hat, ist bereits gerichtet, denn er hat kein Vertrauen gehabt in den Namen von Gottes einzigem Sohn. Darin besteht das Urteil, daß das Licht auf die Welt gekommen ist und die Menschen die Finsternis mehr geliebt haben als das Licht; denn ihre Werke waren schlecht. Wer immer mittelmäßige Dinge tut, hasst das Licht und geht nicht zum Licht, damit seine Werke nicht beschämt werden. Wer immer die Wahrheit vollbringt, geht zum Licht, damit offenbart werden seine Werke und daß sie in Gott bewirkt worden
sind. (Joh 3,16-21)
Also bewirkt die Gegenwart des Lichtes eine Auswahl. Wer sein Zeugnis annimmt, bestätigt, daß Gott wahr ist. (Joh 3,33) Wer Vertrauen hat in den Sohn, hat das ewige Leben; wer sich empört gegen den Sohn, wird das Leben nicht sehen. (Joh 3,36)
Die die Gebote Christi befolgen, lieben ihn -auch wenn sie nicht an die Inkarnation glauben.
Gott ist Atem, und die, die anbeten, müssen im Atem und in der Wahrheit anbeten. (Joh 4,24) (90-93)

Rom und Israel haben, vermischt mit dem Geist Christi, den Geist des Tieres ins Christentum gebracht. Israel ist genau die Gestalt der Kirche, wie sie Augustinus entwirft, Israel, das Christus getötet hat. Indem er einen Ungläubigen verurteilte, der einen Hungrigen ernährt, hat er da nicht gegen den Geist gesündigt? Das Tier ist der gesellschaftliche Götzendienst, der Götzendienst des Großen Tiers bei Platon. Das Tier ist es, das sagt: “…Anathema sit«. »An ihren Früchten werdet ihr sie erkennen«, das heißt, alles reine Gute kommt von Christus her. Alles Gute stammt aus Gott.
Das ist die eigentliche und nicht anerkannte Wahrheit. Alles, was gut ist, ist von göttlicher und übernatürlicher Herkunft, stammt entweder direkt oder indirekt aus der himmlischen Quelle, die jedes Gute transzendiert. Alles, was von einer anderen Quelle herkommt, alles, was von natürlicher Herkunft ist, ist dem Guten fremd. Gott ist nicht allmächtig, weil er Schöpfer ist. Die Schöpfung ist Abdankung. Aber er ist in dem Sinne allmächtig, daß Seine Abdankung freiwillig ist. Er kennt ihre Folgen und will sie. Er will sein Brot jedem geben, der darum bittet, aber nur dem, der darum bittet, und nur sein Brot. Er hat unser gesamtes Wesen verlassen, außer dem Teil unserer Seele, die so wie Er in den Himmeln wohnt. Sogar Christus hat diese Wahrheit erst am Kreuz erfahren.
Gottes Macht hier unten ist, verglichen mit der des Fürsten der Welt, etwas unendlich Kleines.
Gott hat Gott verlassen.
Gott hat sich entleert. Dieses Wort umschließt gleichzeitig die Schöpfung und die Inkarnation mit der Passion. Augustinus: es gab vor Christus außerhalb von Israel »geistliche Mitglieder« Israels unter den anderen Völkern, und jedem von ihnen ist der Vermittler göttlich offenbart worden, der kommen soll. Bsp. Hiob.
Ihre Anzahl und ihr Einfluss sind durch keinen Hinweis eingegrenzt. Nichts hindert einen zu glauben, daß die ägyptischen Priester, die Eingeweihten von Eleusis zur großen Zeit, die Pythagoräer, die Druiden, die Gymnosophisten Indiens, die chinesischen Taoisten zu diesem Fall dazugehören. Wenn man das annimmt, sind diese Überlieferungen wahr, und diejenigen, die heute in ihnen leben, sind in der Wahrheit. Nicht als historischer Bericht hat die Frohe Botschaft ihre Bedeutung für das Heil.
Wenn das angstvolle Warten auf einen Erlöser dazu geführt hat, die Person, die Buddha genannt worden ist, für diesen Erlöser zu halten, und wenn dieser heute als vollkommener, göttlicher und erlösender Mensch angerufen wird, dann ist diese Anrufung ebenso wirksam wie die, die sich an Christus richtet.
Die unaufhörliche Hölle, die Augustinus vermutet. Er definiert das Böse als Nicht-Sein. Also ist alles, was existiert, in irgendeiner Beziehung gut. Heute dient der Teufel zur Heiligung der Heiligen. In welcher Beziehung kann er nach dem Ende der Welt und dem Jüngsten Gericht gut sein? Also so wird er Nichts, und die Hölle auch. (Sehen, wie er sich da herausbringt.)
Diese Definition des Bösen und der Glaube an die unaufhörliche Hölle ist ein Beispiel für einen unrechtmassigen Gegensatz im transzendenten Bereich.
Wie soll man diese Art durch eine Definition unterscheiden von der Art der rechtmäßigen Gegensätze?
Wenn man im Fall des unrechtmäßigen Gegensatzes einen Bestandteil fortnimmt, wird das Verständnis des anderen nicht verändert.
Man muß etwas Besseres finden.

Bestimmte Absurditäten vorauszusetzen kann sehr nützlich sein. Bsp.: im Falle, daß Gott meine Verdammung wünscht … Das ist absurd, Gottes Wille in bezug auf mich und mein Heil sind in Gott identisch. Nützlich aber, weil es in mir zwei sehr unterschiedliche Dinge sind, ob ich mein Verlangen auf Gottes Wille oder mein Heil ausrichte.
Es gibt Wahrheiten, die man nicht oder nicht allzugut kennen darf. Bsp.: daß das Ziel des Gehorsams gegenüber Gott sicher die Seligkeit ist.
Es gibt Dinge, die gut sind, wenn man sie in einem Sinne denkt, in einem anderen aber nicht. Das Annehmen der Hölle aus Achtung vor Gottes Wille ist gut, wenn eine Seele sich am Rande der Verdammung fühlt; schlecht, wenn sie sich kurz vor dem Heil fühlt, denn dann nimmt man die Hölle für die anderen an.
Einige Vorstellungen haben auf diese Weise den Wert einer Wahrheit, aber einen Gebrauchswert, der sich ändert.
Im transzendenten Bereich gibt es eine Architektur der Vorstellungen und Begriffe. Einige muss man in den Vordergrund stellen, andere im stummen, geheimen, dem Bewusstsein unbekannten Teil der Seele ansiedeln. Einige muss man in der Einbildungskraft ansiedeln, andere im ganz und gar abstrakten Verstand, wieder andere in allen beiden etc.
Diese komplizierte und schwierige Architektur, die auch in denen, die man die Einfachen nennt, wirkt, wenn sie sich der Heiligkeit annähern, ist es, wodurch eine für das Heil bereite Seele erbaut wird.
Der Mensch bewirkt sie nicht; sie wirkt durch die Gnade, wenn sie nicht behindert wird. Im allgemeinen legt derjenige, bei dem sie wirkt, sich keine oder fast keine Rechenschaft davon ab.
Wie elendiglich unangemessen ist, in Hinblick auf eine solche Architektur, das Aussprechen einer Behauptung, die mit »Anathema sit« endet! Rechtmäßig oder weniger rechtmäßig ist das Anathema oft je nach dem Ort in der Seele, wo der in der Behauptung ausgesprochene Gedanke sich befindet. Diese Dinge sind allzu feingliedrig, als das ein grobschlächtiges Instrument wie “Anathema sit« hier etwas anderes bewirken könnte als blinde Zerstörung.
Früher einmal waren die Verfahren der Eliminierung in den eingeweihten Kulten und Sekten sicher bessere Kriterien für die innere Architektur der Seele.

Gott ist machtlos, außer für die unparteiische und mitleidige Verteilung des Guten. Er kann nichts anderes. Das aber genügt.
Er hat das Monopol auf das Gute. Er selbst ist in allem gegenwärtig, was reines Gutes bewirkt. Alles, was etwas Gutes von niedrigerem Rang bewirkt, geht aus den Dingen hervor, in denen Er gegenwärtig ist. Alles echte Gute, ganz gleich welchen Ranges, strömt auf übernatürliche Weise aus Ihm. Alles, was nicht direkt oder indirekt Folge von Gottes übernatürlichem Wirken ist, ist schlecht oder gleichgültig.
Das Nicht-Gute kann mit genauso viel Rechtmäßigkeit, je, nach dem Gesichtspunkt, von dem aus man es betrachtet, entweder als schlecht oder als gleichgültig angesehen werden.
Gott kann nur das Gute tun, und nur für den, der es verdient, und nur dem kann er es nehmen, der es verdient.
Diese Welt kann, ausgenommen durch die geheime und übernatürliche Gegenwart Gottes (deren eine Gestalt die Ordnung und Schönheit der Welt ist – man müßte die anderen aufzählen), nur Schlechtes oder Gleichgültiges tun. Alles nur mögliche Böse kann sie all dem antun, das nicht auf übernatürliche Weise von dem Guten beschützt ist, das aus Gott kommt.
Das Maß des Bösen, das sie dort tun kann, wo Gott gegenwärtig ist, wird mit vollkommener Wahrhaftigkeit in den vier Evangelien gezeigt.
Christsein ist nichts anderes, als das zu glauben.
Der Glaube wird erweckt von der Schönheit der Texte und dem Licht auf dem menschlichen Dasein, das man erwirbt, indem man über sie nachdenkt. Die Genesis trennt Schöpfung und Sündenfall wegen der Notwendigkeiten eines Berichts in menschlicher Sprache. Aber nachdem das Geschöpf erschaffen war, hat es sich selbst Gott vorgezogen. Hätte es sonst eine Schöpfung gegeben? Gott hat erschaffen, weil er gut war, aber das Geschöpf hat sich erschaffen lassen, weil es schlecht war. Es erlöst sich, indem es Gott durch Gebete dazu bringt, es zu zerstören.
Okt. 1942 (102-105)

Simone Weil: Dass Gott das Gute ist, ist eine Gewissheit

Cahiers – Aufzeichnungen 4 158-164

Dass Gott das Gute ist, ist eine Gewissheit. Es ist eine Definition. Auch dass Gott in einer gewissen Weise -die ich nicht kenne -Wirklichkeit ist, ist eine Gewissheit. Es ist keine Frage des Glaubens. Aber dass jeder der Gedanken, durch die ich nach dem Guten verlange, mich dem Guten näherbringt, das ist ein Gegenstand des Glaubens. Ich kann diese Erfahrung nur durch den Glauben machen. Und auch nach der Erfahrung ist es kein Gegenstand einer Feststellung, sondern nur des Glaubens.
So wie der Besitz des Guten darin besteht, nach diesem zu verlangen, so hat dieser Glaubensartikel -der der einzige Artikel des wahren Glaubens ist -die Fruchtbarkeit, die Fähigkeit zur Selbstvermehrung, welche jedes Verlangen nach dem Guten besitzt, zum Gegenstand.
Allein weil eine Seele mit einem Teil von sich wirklich, rein, ausschließlich nach dem Guten verlangt, wird sie in einem späteren Augenblick mit einem größeren Teil von sich nach dem Guten verlangen -wenn sie sich nicht weigert, dieser Verwandlung zuzustimmen.
Dies zu glauben bedeutet, den Glauben zu haben.
Gibt es tatsächlich, wie das Evangelium anzudeuten scheint, eine Beziehung zwischen dieser Tatsache und der Heilung von Besessenen, dem Gehen auf dem Wasser, dem Versetzen der Berge? Die symbolische Beziehung ist klar. Aber gibt es eine Beziehung im wörtlichen Sinne? Im Augenblick ist mir das Problem zu schwer.
Sogar die Materialisten siedeln außerhalb von sich selber ein gut an, das sie weit überschreitet und ihnen von außen hilft, auf das sich ihr Denken in einer Regung von Verlangen und Gebet richtet. Für Napoleon sein Stern. Für die Marxisten die
Geschichte. Nur siedeln sie es in dieser Welt an, wie die Riesen der Volkskultur, die ihr Herz (oder ihr Leben) in ein Ei legen, das in einem Fisch ist, der in einem See ist, der von einem Drachen bewacht wird, und am Ende sterben. Und obwohl ihre Bitten oft erhört werden, muss man fürchten, dass man sie als Bitten ansehen muss, die an den Teufel gerichtet sind.
Kein Mensch entgeht der Notwendigkeit, sich außerhalb von sich selbst ein Gut vorzustellen, auf das sich das Denken in einer Regung des Verlangens, des Flehens und der Hoffnung richtet. Folgerichtig gibt es nur die Wahl zwischen der Verehrung des wahren Gottes und dem Götzendienst. Jeder Atheist ist Götzenanbeter -außer, er verehrt den wahren Gott unter seiner unpersönlichen Seite. Die meisten Frommen sind Götzenanbeter.
Für jeden schöpferischen Geist (Dichter, Komponist, Mathematiker, Physiker etc.) ist die unbekannte Quelle der Eingebung jenes Gute, auf das sich ein flehendes Verlangen richtet. Jeder Weiß durch beständige Erfahrung, dass er die Eingebung
empfängt.
Aber einige dieser Geister stellen sich diese Quelle über dem Himmel vor, die anderen darunter. Nicht dass sie die Sache sich selbst gegenüber so ausdrückten; und selbst wenn manche es tun, entsprechen die Worte, die sie an sich oder andere richten- nicht immer ihrem Denken. Doch wie auch ihre Sprache ist, und selbst ohne Sprache, wird der Blick der Seele in Warten, Verlangen und Flehen auf einen Ort gerichtet, der entweder über dem Himmel oder unter ihm ist. Ist er darüber, handelt es sich um wahres Genie. Ist er darunter, handelt es sich um mehr oder weniger glanzvolle Nachahmung von Genie, manchmal sogar sehr viel glanzvoller als das Genie selbst. Der Ort ist über oder unter dem Himmel, je nach der Art des Guten, das man sich in der Eingebung vorstellt. Ist es darüber, dann wird die Eingebung nur als Gehorsam vorgestellt. Dann verlangt man nicht nach der Eingebung, um schöne Dinge herzustellen, man verlangt danach, schöne Dinge herzustellen, weil die wirklich schönen Dinge aus der Eingebung hervorgehen. Als erstes das Reich und die Gerechtigkeit des himmlischen Vaters suchen, und empfangen, was einem gegeben wird.
Deshalb sind Künstler und Wissenschaftler entweder religiös oder Götzenanbeter, und zwar ganz unabhängig von den Meinungen, die sie vertreten, je nach dem Platz, welchen das Verlangen nach der Eingebung in ihrer Seele einnimmt. Im gleichen Sinn kann man sagen, dass ein Gemälde fromm oder Götzenanbetung ist, und das hat nichts mit dem Gegenstand zu tun.
Wissen, dass Gott das Gute ist -oder einfacher, wissen, dass das absolute Gute das Gute ist, glauben, dass das Verlangen nach dem Guten sich in der Seele selbst vermehrt, wenn die Seele nicht ihre Zustimmung dazu verweigert -diese beiden
einfachen Dinge genügen. Nichts sonst ist notwendig.
Nur muss man sich ständig überwachen, um sich daran zu hindern, die Zustimmung zum inneren Wachstum des Guten zu verweigern -sich bedingungslos daran hindern, was auch geschehen mag.
Diese Sicherheit, dieser Glaube, diese Überwachung -das ist alles, was man zur Vollkommenheit braucht.
Es ist unendlich einfach.
Aber in dieser Einfachheit liegt die größte Schwierigkeit. Unser fleischliches Denken braucht Vielfalt. Wer würde ein Gespräch von einer Stunde mit einem Freund ertragen, wenn dieser Freund unaufhörlich sagen würde: Gott, Gott, Gott. ..
Die Vielfalt ist der Unterschied, und alles, was vom Guten unterschieden ist, ist böse.
Der fleischliche Teil der Seele, der vielfältige Dinge braucht, muss sich mit den Dingen hier unten befassen. Der unbewegte Teil der Seele muss, durch diese vielfältigen Dinge hindurch, den unbewegten Ort anpeilen, wo Gott sitzt.
Auf einer hohlen, sich drehenden Kugel bewegen sich alle, absolut alle Punkte, außer zweien. Die Zwischenglieder zwischen diesen beiden Punkten drehen sich, und trotzdem gibt es zwischen ihnen eine bewegungslose Beziehung.
Gott soll ein Pol sein, und der andere der unbewegte Punkt der Seele, das heißt also Gottes Gegenwart in der Seele.
Da wir in der Lüge sind, ist das, was ich »Ich« nenne, nicht im Mittelpunkt meiner Seele. Deshalb ist alles, was unmittelbar den Mittelpunkt meiner Seele betrifft, außerhalb von dem, was ich »Ich« nenne.
Deshalb verspuren alle von der Eingebung Berührten, um welche Eingebung es sich auch handeln mag- und sei sie von ganz profaner Art, wie die Erfindung einer Maschine -, die Eingebung als eine Erscheinung außerhalb von ihnen selbst. .
Man konnte die Oberlegung auch so anstellen. Wie kann mehr Gutes aus mir kommen, als es in mir gibt? Wenn ich im Guten voranschreite, muss ein Gutes von außen mich beeinflussen.
Wenn das Verlangen nach dem Guten Besitz des Guten ist, ist das Verlangen nach dem Guten Erzeuger des Guten, das heißt Erzeuger von Verlangen nach Gutem.
Außerhalb von mir gibt es ein Gutes, das hoher steht als ich und das mich jedesmal zugunsten des Guten beeinflusst, wenn ich nach dem Guten verlange.
Weil für diesen Vorgang keine Grenze möglich ist, ist dies es Gute außerhalb von mir unendlich; es ist Gott. Sogar hier gibt es keinen Glauben, sondern Gewissheit. Es ist unmöglich, das Gute zu denken, ohne alles das zu denken, und es ist unmöglich, das Gute nicht zu denken. Weil es für diesen Vorgang keine Grenze gibt, muss die Seele schließlich durch vollkommene Angleichung an Gott aufhören zu sein.
Auf jeder beliebigen Stufe der Verwandlung kann die Seele eine weitere Verwandlung verweigern. Sie bleibt dann vielleicht für eine bestimmte Zeit in dem Zustand, in dem sie sich befindet. Aber nur für eine gewisse Zeit. Dann fällt sie zurück. Schritt für Schritt, wie sie auch aufgestiegen ist. Und wenn das reine Verlangen nach dem Guten nicht gänzlich ausgelöscht ist, wenn davon wenigstens ein Körnchen bleibt, kann sie sich sammeln und von neuem aufsteigen. Sie wird höher steigen als das erste Mal. Doch wenn sie höher gekommen ist und sich dort von neuem weigert, fängt alles von vorne an.
Eine Seele kann mit diesem Hin und Her bis auf jede beliebige Höhe kommen; aber das ist erbärmlich.
Gibt es einen Punkt, den man von dieser Welt aus erreichen kann und von dem aus kein Abstieg mehr möglich ist?
Ich weiß es nicht.
Ich würde es gerne glauben.
Wonach sollte man stärker verlangen als danach, die Fähigkeit zu verlieren, zwischen Gut und Böse zu unterscheiden, die uns vom Sündenfall gegeben worden ist?
Die Seele hat nur die Wahl, entweder durch das wachsende Gute oder durch das wachsende Böse ins Nichts zu gehen. Das Gute und das Böse haben das Nichts zur Grenze. Aber es ist nicht gleichgültig, ob man durch das Gute oder durch das Böse
ins Nichts gelangt. Im Gegenteil, es ist das einzig Wichtige, und alles andere ist
gleichgültig. Und warum ist es wichtig?
Wegen nichts. Es ist in sich selbst wichtig. Nur das allein ist bedingungslos wichtig.
Und auf einer noch höheren Ebene ist absolut nichts mehr wichtig. Denn wenn ich in die Tiefe des Bösen falle, bedeutet das für das Gute nichts Böses.
Da wir in der Lüge sind, haben wir die Illusion, das Glück sei das, was bedingungslos wichtig ist. Wenn einer den Seufzer ausstößt: »Ich möchte reich sein! «, kann sein Freund ihm antworten: »Warum? Warst du dann glücklicher? «, aber wenn einer sagt: »Ich möchte glücklich sein«, wird niemand antworten: »Warum? «
Sag mir die Gründe, warum du glücklich sein willst. Einer leidet und möchte Linderung. Sag mir, aus welchem Grund du Linderung möchtest.
Alberne Fragen. Wer würde sie zu stellen wagen?
Man muss sie sich selber stellen und sich Rechenschaft ablegen, zunächst darüber, dass man keinen vernünftigen Grund hat zu wünschen, glücklich zu sein, denn das Glück ist nichts, was man ohne vernünftigen Grund, bedingungslos wünschen
soll; denn nur das Gute soll man auf diese Weise wünschen. Das ist die Grundlage von Platons Denken.
Dieses Denken widerspricht der Natur so sehr, dass es nur in einer Seele entstehen kann, die vollständig vom Feuer des Heiligen Geistes aufgezehrt ist, wie es bei den Seelen der Pythagoreer sicher der Fall war.
Das hat man in Platons Werken nicht verstanden, nicht einmal gesehen.
Das Glück, das unter dem Namen ewige Glückseligkeit, ewiges Leben, Paradies etc. verherrlicht wurde, muss auf dieselbe Weise beurteilt werden. Jede Art von Glück ist so zu beurteilen. Jede Art von Befriedigung.
Johannes sagt nicht: wir werden glücklich sein, denn wir werden Gott sehen; sondern: wir werden Gott gleichen, denn wir werden Ihn sehen, so wie Er ist.
Wir werden reines Gutes sein. Wir werden nicht mehr Dasein. Aber in diesem Nichts, das an der Grenze des Guten ist, werden wir wirklicher sein als in jedem beliebigen Augenblick unseres irdischen Lebens. Wahrend das Nichts, das an der Grenze des Bösen liegt, ohne Wirklichkeit ist.
Wirklichkeit und Dasein sind zweierlei.
Auch das ist ein wesentlicher Gedanke bei Platon. Ebenfalls kaum begriffen.
(Justin, Augustinus etc. sagten, Platon habe von Moses gelernt, dass Gott das Sein ist. Aber von wem hat er gelernt, dass Gott das Gute ist und dass das Gute über dem Sein ist? Nicht van Moses.)

Jedesmal, wenn in der Seele Gedanken aufsteigen wie zum Beispiel: »ich muss glücklich werden«, »ich muss essen«, »ich muss van diesem Schmerz erlöst werden«, »ich muss es wärmer haben«, »ich muss dieser Gefahr entgehen«, »ich muss Nachricht haben von einem bestimmten geliebten Menschen«, und alle anderen Gedanken von der Art dies es »ich muss …«, jedesmal ungerührt sich selber antworten: »ich sehe die Notwendigkeit nicht«.
Noch mehr, wenn der Gedanke von der Art des »ich muss doch schließlich …« ist.
Sich eine solche Antwort zu geben, ist einfach, aber so vollkommen überzeugt davon zu sein wie Talleyrand, als er mit dem Bettler sprach, ist weniger einfach.
Warum sollte es mir nicht gelingen, aus Liebe zu Gott mich so wenig zu lieben, wie Talleyrand aus Hartherzigkeit den Bettler liebte? Sollte die Liebe zu Gott gegenüber der Empfindungsfähigkeit weniger stark sein als der Egoismus?

Lob für Gott und Mitleid für die Geschöpfe. Darin liegt kein Gegensatz, da Gott, indem er geschaffen hat, abgedankt hat. Man muss der schöpferischen Abdankung Gottes zustimmen und glücklich sein, dass man selbst ein Geschöpf ist, eine Zweit-
Ursache, die das Recht hat, in dieser Welt zu handeln. Dieser Unglückliche liegt auf der Straße, halbtot vor Hunger. Gott hat Erbarmen mit ihm, kann ihm aber kein Brot schicken. Ich aber, der ich da bin, bin glücklicherweise nicht Gott; ich kann ihm ein Stück Brot geben. Das ist meine einzige Überlegenheit gegenüber Gott. »Ich hatte Hunger, und ihr habt mir zu essen gegeben. « Gott kann Brot für die Unglücklichen erbitten, aber geben kann er es ihnen nicht.

Im römischen Reich waren die Menschen so verzweifelt, entwurzelt, von Langeweile und Überdruss erdrückt, dass nur noch ein einziger Gedanke sie anrühren konnte: das unmittelbar bevorstehende Ende der Welt. Dieser Gedanke, diese Erwartung muss quer durch das ganze Reich bestanden haben, von verschiedenen Prophezeiungen ermutigt. Aber es scheint, dass nur die Christen einen greifbaren Beweis hatten. Nach der Zerstörung von Jerusalem schien die Gewissheit noch grösser zu sein. Sicher war es diese Botschaft vom Ende der Welt, was ihnen gleichzeitig ihren Erfolg und ihren Ruf als Verbrecher einbrachte.
p. 284-353

Die göttliche Liebe, das ist die bedingungslose Liebe. Einen Menschen in Gott lieben, heißt, ihn bedingungslos lieben. Man kann einen Menschen nur dann bedingungslos lieben, wenn man in ihm eine unzerstörbare Eigenschaft liebt. In einem gewöhnlichen Menschen ist eine einzige Eigenschaft unzerstörbar, nämlich die Tatsache, ein Geschöpf zu sein.

In jenen, die zweimal geboren sind, die von oben durch den Geist gezeugt wurden, die durch den Tod und die Auferstehung Christi gegangen sind, gibt es eine zweite unzerstörbare Eigenschaft, die, ein Kind Gottes zu sein.
Das ergibt zwei bedingungslose Arten der Liebe zu den Menschen. Die eine ist ausgedrückt in dem Gebot »liebe deinen Nächsten wie dich selbst«, die andere in dem Gebot »liebet einander«

Was wir von der menschlichen Liebe verlangen, ist eine Unmöglichkeit; ein auswegloser Widerspruch. Wir wollen nicht bedingt geliebt werden. Wer sagen würde: »Ich werde dich lieben, solange du gesund bist; wenn du krank wirst, liebe ich dich nicht mehr«, würde voll Zorn zurückgewiesen werden. Andererseits wollen wir auch keine Liebe, die uns mit der Masse in einen Topf wirft. Wer sagen würde: »Ich liebe alle blonden Frauen, dich nicht mehr oder weniger als die anderen«, oder: »Ich liebe alle Pariserinnen«, würde genauso zurück gewiesen werden. Wir wollen bedingungslos bevorzugt werden. Nun sind aber alle Eigenschaften, die uns von anderen unterscheiden, bedingt und können verschwinden. Wir verdienen bedingungslos nur die Stufe der Aufmerksamkeit, die dem elendesten aller Geschöpfe geschenkt wird, das heißt ein unendlich Kleines.
Dennoch ist es wahr, dass Wir es verdienen, nicht nur bevorzugt, sondern einzig und allein, ausschließlich geliebt zu werden. Aber das, was in uns das verdient, ist der unerschaffene Teil der Seele, der identisch ist mit dem Sohn Gottes. Wenn
das aus Eigenschaften bestehende Ich zerstört wird und dieser Teil zum Vorschein kommt, dann »lebe ich nicht mehr in mir, sondern Christus lebt in mir« wer immer einen Menschen liebt, der soweit ist und weil er soweit ist, liebt in seiner Gestalt
Christus. Das ist eine unpersönliche Liebe.

Eine Person unpersönlich lieben; das bedeutet in Gott lieben. »Liebe deinen Nächsten wie dich selbst« das heißt, liebe ihn bedingungslos; denn die Selbstliebe ist bedingungslos. Auch wenn einem vor sich selbst schauderte, man hört nicht auf, sich zu lieben.
Die Liebe hat das Gute zum Gegenstand. Um einen gewöhnlichen Menschen bedingungslos zu lieben, muss man in ihm ein bedingungsloses Gutes entdeckt haben.
Ein bedingungsloses Gutes gibt es bei keinem Menschen, der die mystische Vereinigung nicht erreicht hat, ausgenommen die Möglichkeit, sie zu erreichen.
Um die Menschen bedingungslos zu lieben, muss man in ihnen Gedanken sehen, die den mechanischen Gesetzen der Materie unterworfen, aber zum absoluten Guten berufen sind.

Das Streben nach dem Guten, das bei allen Menschen vorhanden ist- denn jeder Mensch verlangt, und jedes Verlangen hat das Gute zum Gegenstand-, das Streben nach dem Guten, das das eigentliche Wesen jedes Menschen ist, ist das einzige Gute, das in jedem Menschen immer bedingungslos gegenwärtig ist.

Bei allen Menschen, je nach Fall, entweder das Verlangen nach dem Guten oder das Besitzen des Guten lieben. Mit anderen Worten: bei allen Menschen entweder das Verlangen nach Gott oder das Besitzen Gottes lieben. Das bedeutet, bedingungslos lieben. Das bedeutet, die Menschen in Gott lieben.

In der Hölle gibt es per Definitionen kein Verlangen nach dem Guten mehr. Folglich ist es unmöglich, dass man dort leidet.
Bei den Menschen lieben wir die erhoffte Befriedigung unseres Verlangens. Wir lieben in ihnen nicht ihr Verlangen. In ihnen ihr Verlangen lieben bedeutet, sie wie sich selbst zu lieben.
In sich selbst liebt man nicht ein Gutes, man hängt einem Verlangen an.
Das ‘verlangen ist immer Leiden, weil es unbefriedigt bleibt. Umgekehrt ist jedes Leiden Unbefriedigtheit eines Verlangens.
Die Liebe, die dem Verlangen eines anderen anhängt, ist das Mitleid.
Man kann nicht an jedem Verlangen Anteil nehmen, wenn man nicht die reinen, universellen Begriffe des Verlangens und des Guten betrachtet hat. Anders ausgedrückt: wenn man nicht Gott betrachtet hat.
Wenn man das Gute betrachtet, hält man jedes Verlangen, selbst das abscheulichste, für ein Streben nach dem Guten, selbst wenn es irregeleitetes Streben wäre.
Wir lieben einen Menschen nicht ‘Nie Hunger, sondern wie Nahrung. Wir lieben als Menschenfresser. Auf reine Weise lieben bedeutet, in einem Menschen seinen Hunger lieben. Da alle Menschen immer Hunger haben, liebt man also immer alle
Menschen. Manche sind teilweise gesättigt, man muss in ihnen ihren Hunger und ihre Sättigung lieben.
Aber wir lieben ganz anders. Die geliebten Menschen liefern uns durch ihre Gegenwart, ihre Worte, ihre Briefe Stärkung, Energie, einen Antrieb. Sie haben auf uns dieselbe Wirkung wie ein gutes Essen nach einem kräftezehrenden Arbeitstag.
Wir lieben sie also wie Nahrung. Es ist also eine Kannibalen liebe.
Unser Hass, unsere Gleichgültigkeit sind ebenfalls kannibalisch. Ihr hattet Hunger, und ihr habt mich gegessen. Es stimmt, dass man ihn essen muss.
Ist diese Art der Zuneigung rechtmäßig gegenüber jenen, die nicht mehr sie selbst sind, in denen Christus lebt?
Bestimmt niemand anderem gegenüber. Bei diesen sind das Verlangen und die Sättigung und die einem anderen gelieferte Nahrung ein und dasselbe.
Aber die in dieser Weise ausgerichtete Liebe kann keine Besitzerliebe sein. Wie ein Mensch, der eine griechische Statue kaufen würde und der, obwohl er sie gekauft hat, sich nicht – wenn er kein Hohlkopf ist- als ihr Besitzer fühlen kann. Das
reine Gute entzieht sich jeder besonderen Beziehung.
Mit Ausnahme dieses Falls sind die menschlichen Zuneigungen Zuneigungen von Vampiren. Wir lieben jemanden, das heißt, wir lieben es, sein Blut zu trinken.

In jeder ein wenig starken Beziehung ist das Leben mit hineingezogen. Man kann auf reine Weise nur lieben, wenn man darauf verzichtet hat zu leben.
Wer immer sein Leben liebt, liebt seine Nächsten und seine Freunde wie Ugolino seine Kinder. Nichts ist wirklich für denjenigen, der so liebt.
Die Wirklichkeit erscheint nur demjenigen, der den Tod annimmt. Deshalb: »Von diesem Universum ernähre dich durch Verzicht. «

Welch größeres Geschenk als das des Todes konnte den Geschöpfen gemacht werden?
Einzig der Tod lehrt uns, dass wir nicht existieren, außer als eine Sache unter vielen anderen.
[Wie soll man sich die Ähnlichkeit zwischen der Apokalypse und dem Gedicht von Nonnos erklären? Hat Nonnos aus der Apokalypse abgeschrieben? Aber warum? Oder ist die Apokalypse orphischen oder ägyptischen Ursprungs?] Unsere Liebe wie unser Verstand sind dem Paradox unterworfen, dass sie universelle Fähigkeiten sind, die nur für besondere Gegenstände empfänglich sind.

Eine solche Wahrnehmung als Theorem denken. Gott allein ist die Einheit des Universellen und des Besonderen. Gott ist eine universelle Person. Jemand, der alles ist. Man liebt nicht die Menschheit; man liebt diesen Menschen. Das ist keine rechtmäßige Liebe; nur die Menschheit lieben ist rechtmäßig.
Aber die Göttlichkeit und diesen Gott lieben ist dieselbe Liebe.
In Gott sind das Universelle und das Besondere identisch.
Hier unten sind sie zusammen eingeschlossen durch eine Harmonie.
Die Inkarnation ist diese Harmonie. Wir selbst müssen von dieser Harmonie leben. Diese Harmonie ist das wahre Leben.

Im Nächsten den Hunger lieben, der ihn quält, und nicht die Nahrung, die sich uns in ihm anbietet, um unseren Hunger zu stillen, das setzt eine vollkommene Loslösung voraus.
Das setzt voraus, dass man darauf verzichtet, vom Menschen zu essen, daß man nur mehr Gott essen will.
Aber die Substanz Gottes ernährt, zumindest am Anfang, nur einen Punkt der Seele, der so sehr in der Mitte liegt, dass wir von seiner Existenz nichts wissen.
Die übrige Seele hat Hunger und möchte gern vom Menschen essen.
Nur jene können gerettet werden, die etwas zwingt innezuhalten wenn sie sich dem, was sie lieben, nähern möchten.
Jene, in die das Gefühl für das Schöne die Betrachtung gelegt hat.
Vielleicht sagt Platon deshalb, dass die Schönheit nur vom Himmel herabgestiegen ist, um uns zu retten.
Hier unten sind Schauen und Essen zweierlei. Man muss sich für das eine oder andere entscheiden. Man nennt das eine wie das andere lieben. Nur diejenigen haben eine gewisse Hoffnung auf Heil, die hin und ‘Nieder einige Zeit damit verbringen, zu schauen anstatt zu essen.
»Der eine isst die Früchte, der andere schaut ihm zu. «
Der ewige Teil der Seele ernährt sich von Hunger.
Wenn man nicht isst, verdaut der Organismus sein eigenes Fleisch und wandelt es in Energie um. Genauso die Seele. Die Seele, die nicht isst, verdaut sich selbst. Der ewige Teil verdaut den sterblichen Teil der Seele und wandelt ihn um.
Der Hunger der Seele ist schwer zu ertragen, aber es gibt kein anderes Mittel gegen die Krankheit.
Den vergänglichen Teil der Seele verhungern lassen, während der Körper noch lebendig ist. Auf diese Weise geht ein Körper aus Fleisch direkt in den Dienst Gottes über.
Platon: »So weit wie möglich die Kraft der Sinnenlust verkümmern lassen, in dem man ihren Zustrom und die Nahrung von ihr weg in andere Teile des Körpers leitet mit Hilfe von Arbeit. «
Ungeheuer genau. Die im Samen enthaltene Energie ist eine Nahrung für die Geschlechtsorgane und ihr Funktionieren, aber genauso für andere Organe und ihr Funktionieren. Wenn andere Organe diese Energie essen, verhungert die Sexualität.
Man kann die Sexualität auf irgendwelche anderen Gegenstände verlegen: eine Sammlung, Gold, Macht, Partei, Katze, Kanarienvogel, Gott (das ist dann aber nicht der wahre Gott).
Oder man kann die Sexualität abtöten und eine Umwandlung der Energie, die ihr zugeteilt war, bewirken.
Dieser Vorgang ist die Loslösung.
Jede Bindung ist von derselben Beschaffenheit wie die Sexualität.
Darin hatte Freud recht (aber nur darin).
Eine zusätzliche Energie ist uns von Gott zur Aufbewahrung gegeben worden. Es ist die Begabung zum Gleichnis.
Manche holen sie aus sich selbst heraus, begleitet von Lust. Andere geben sie dem besten Teil ihrer Seele zu essen.

Markus: »Die Erde trägt von selbst Früchte«, »automata«.
Daher kommt Automatismus. Das besagt auf klarste, auf genaueste Weise, dass es eine geistige Mechanik gibt, mit genauso strengen Gesetzen wie die andere, aber anders.

Speiroon, der Sämann; dasselbe Wort wird verwendet für den Mann, der die Frau befruchtet. Der Doppelsinn ist wahrscheinlich in den Gleichnissen des Evangeliums über die Aussaat enthalten. »Der Samen ist das Wort Gottes«. Der Samen ist ein feuriger Hauch, Pneuma. Der Samen, der in die Jungfrau eingedrungen ist, war der Heilige Geist, Pneuma agion. Der Heilige Geist ist auch der Samen, der auf jede Seele fällt. Um ihn zu empfangen, muss die Seele zu einer bloßen Gebärmutter,
einem Auffangbecken geworden sein; etwas Flüssiges, Passives; Wasser. So wird aus dem Samen ein Embryo, dann ein Kind; Christus wird in der Seele gezeugt. Was ich ICH nannte -wird zerstört, verflüssigt; an seiner Stelle gibt es ein neues Wesen, gewachsen aus dem Samen, der von Gott in die Seele gefallen ist: Das bedeutet, von neuem gezeugt werden; von oben gezeugt werden; aus Wasser und Geist gezeugt werden; aus Gott gezeugt werden und nicht aus dem Willen des Mannes oder dem Willen des Fleisches. Am Ende dieses Prozesses »lebe ich nicht mehr, sondern Christus lebt in mir« Es ist ein anderes Wesen, das von Gott gezeugt -wird, ein anderes »ich«, das kaum »ich« ist, weil es der Sohn Gottes ist. Es gibt
keine »Adoptivkinder«.
Die einzige Adoption besteht darin, dass, so wie ein Parasit seine Eier in das Fleisch eines Tieres legt, Gott in unsere Seele ein Sperma hineinlegt, das, wenn es zur Reife gelangt ist, sein Sohn sein wird. Auf diese Weise entsteigt die himmlische Aphrodite, die die Weisheit ist, dem Meer. Unsere Seele muss ausschließlich ein Ort der Aufnahme und Nahrung für diesen göttlichen Keim sein. Wir dürfen unserer Seele nichts zu essen geben. Wir müssen diesem Keim unsere Seele zu essen geben. Danach isst er von selbst, unmittelbar, alles, was zuvor unsere Seele aß. Unsere Seele ist ein Ei, in dem dieser göttliche Keim zum Vogel wird. Der Vogelembryo
ernährt sich vom Ei; zum Vogel geworden, bricht er die Schale auf, schlüpft aus und pickt Körner. Unsere Seele ist durch eine Haut aus Egoismus, Subjektivität, Täuschung von jeder Wirklichkeit getrennt; der von Gott in unsere Seele gelegte
Keim Christi ernährt sich von ihr; wenn er ausreichend entwickelt ist, bricht er die Seele auf, sprengt sie und tritt mit der Wirklichkeit in Berührung. Das ist die Liebe im Mikrokosmos.
Jene des Makrokosmos bricht, sobald ihre goldenen Flügel gewachsen sind, das Weltei auf und tritt auf die andere Seite des Himmels.
Diese Symbole müssten den Bäuerinnen, die Hühner züchten, erzählt und erklärt werden.

Die Taufe ist eine Geste sympathetischer Magie. Wie jene, die ein paar Tropfen Wasser vergießen, damit es regnet; man vollzieht die Scheinhandlung der zweiten Geburt, im Hinblick auf eine tatsächliche zweite Geburt.
Sich der Taufe unterziehen mit dem Glauben, dass die zweite Geburt daraus hervorgehen wird, das heißt bekunden, dass man sie wirklich wünscht; demnach muss man sie auch erhalten.
Ein Kind der Taufe unterziehen, das heißt bekunden, dass man die zweite Geburt für es wünscht. Demnach muss man ihm helfen, sie zu erreichen.
Diese Folgen treten nur ein, wenn man wirklich an die zweite Geburt denkt und wenn man wirklich an die Wirksamkeit des Sakramentes glaubt.
Nur eine äußere Form, wie immer sie auch aussehen mag, die man von sich aus, als Form, für wirksam hält, erlaubt der Seele, auf sich selbst eine Wirkung auszuüben, die auf der geistigen Ebene ebenso wirklich ist wie auf der Ebene der Verpflichtungen.

Der Körper ist das unentbehrliche Zwischenglied, durch das hindurch die Seele eine wirkliche Wirkung auf die Seele ausübt. Man vertraut mir zur Aufbewahrung eine hohe Geldsumme an. Ich möchte sie für mich haben. Man verlangt sie von mir zurück. Ich möchte sie immer noch für mich haben; aber mein Körper begibt sich mit ihr an den vereinbarten Ort, hinterlegt sie dort und kehrt ohne sie zurück. Nach einer Weile vergesse ich sie. Meine Seele hat sich von ihr losgelöst.
Ich kann meinen Körper tiefer in das Gute hineinstoßen, als sich die Seele befindet; dann zieht er die Seele mit.
Auf der Ebene der Verpflichtungen vollzieht dieser Vorgang sich unaufhörlich; jede andere Verfahrensweise ist imaginär.

Auf der geistigen Ebene ist dieser Vorgang nur dann möglich, wenn man die Gewissheit hat, dass eine bestimmte wahrnehmbare Form eine geistige Wirksamkeit besitzt. Das kann jede beliebige Form sein. Aber es muss eine genau festgelegte
Form sein. Was wahrnehmbar ist, hat notwendigerweise ein besonderes Dasein. Die Wahl der Form ist willkürlich; aber sie muss getroffen worden sein; und es darf nicht so aussehen, als hätte es Willkür gegeben oder sogar eine Wahl.
Immer dasselbe Paradox in der Beziehung zwischen dem Universellen und dem Besonderen.

Diese Form ist eine Übereinkunft des Menschen mit dem Menschen, aber für das Gute gemacht und in der Folge von Gott bestätigt.
Damit diese Form Gegenstand einer Gewissheit ist, muss man denken, dass sie durch einen von Gott erleuchteten Menschen festgesetzt wurde oder, noch besser, durch Gott selbst, der hier unten inkarniert ist.
Ist es gut oder schlecht, dass die Sakramente gesellschaftlichen Bedingungen unterworfen sind?

Mir scheint, es ist ganz und gar schlecht, und die Priester dürften kein Sakrament verweigern können. Nur die Gläubigen warnen, dass das Sakrament ein Gottesurteil ist und eine Gefahr in sich birgt.
Mir scheint, dass ein Sakrament, das gesellschaftlichen Bedingungen unterworfen ist, kein Sakrament mehr ist. Der Teufel, Herrscher über die Gesellschaften hier unten, tritt zwischen Mensch und Gott.

Zenon, der Stoiker: der tierische Samen ist ein Feuer. Wie das Sperma durch die Wirkung der Liebe ausgesandt und empfangen wird, genauso der Blitz, der das Liebesband zwischen Himmel und Erde ist. Der feurige tierische Samen ist Lebenshauch, und genauso wird der Blitz mit dem Heiligen Geist
gleichgesetzt.

Der Mond erinnert an eine Schlange; erinnert nicht auch der Blitz an eine Schlange?
Interpretation der Taufe durch Justin. Die Geburt vollzieht sich aus der vermengten Flüssigkeit von Mann und Frau. Um die Beschmutzung durch diese Geburt wieder gutzumachen, muss man verschwinden und aus einem reinen Wasser wieder
auftauchen.

Wasser und Feuer sind in der Samenflüssigkeit vermengt. Ihre Trennung ist der Tod. Man begräbt sich in einem reinen Wasser, und wenn das Feuer des Himmels darauf her niederfällt, erzeugt es aus ihm einen neuen Lebenden.
»Von neuem gezeugt aus Wasser und Hauch”, das bedeutet, aus den Urelementen; wer nicht durch eine neue Schöpfung gegangen ist. Mehr als neue Geburt. Neue Schöpfung.

Ein Teil der Seele will einer Verpflichtung nachkommen, wie zum Beispiel in Verwahrung gegebenes Geld zurückerstatten; ein anderer will nicht. Sie kämpfen. Der Körper ist die Waage.

Der Körper ist die einzige Waage, die imstande ist, aus der Seele das Gegengewicht zur Seele zu machen. In einem gewissen Sinne ist er Richter zwischen Seele und Seele, so wie die Waage zwischen dem Gewicht und dem Gewicht. So wie das Kreuz eine Waage ist zwischen Himmel und Erde, so auch der Körper
zwischen Seele und Seele.

Darin liegt die außerordentliche Würde des Körpers. Es ist der Körper, der ißt, aber es ist auch der Körper, der fastet. Es ist das Fleisch, das schläft, aber es ist auch das Fleisch, das wacht.

Die Verpflichtungen sind Handlungen, und der Körper ist die angemessene Waage für die Auseinandersetzungen der Seele, die sie betreffen.
Doch es gibt eine noch tiefer gehende Auseinandersetzung, die Auseinandersetzung um die Erneuerung der Seele. Ein Teil der Seele wünscht, das Licht zu empfangen, das erneuert, ein Teil wünscht es nicht. Die geistige Erneuerung ist kein Handeln~
sie ist keine Abfolge von Bewegungen, sie ist nichts, worauf der Wille Einfluss hat. Und dennoch ist der Körper die einzige Waage zwischen Seele und Seele.

Deshalb wird die Auseinandersetzung unentschieden bleiben, die Wahl wird nicht vollzogen werden, wenn es nicht irgendeine körperliche Handlung gibt, die durch eine Übereinkunft mit der Erneuerung der Seele verbunden ist, so wie die Bewegung des Körpers, der das in Verwahrung genommene Gold seinem Besitzer zurückbringt, durch die Natur mit der Ehrlichkeit verknüpft ist. Aber das Band der Übereinkunft muß stärker sein als das Band der Natur. Die Übereinkunft muss eine Übereinkunft mit Gott sein, zwischen Gott und dem Menschen. Das ist es, was man ein Sakrament nennt. Da die geistige Erneuerung eine Veränderung ist, die von jedem Menschen, der sie wünscht, erlitten wird, und keine gewollte Handlung, ist es gut, dass die durch Übereinkunft an diese Erneuerung geknüpfte körperliche Sache keine Handlung
ist, sondern etwas, was man von einem anderen empfangt, nachdem man darum gebeten hat.

Auch das gehört zur Definition des Sakraments.

Nur sollte es keinerlei Bedingung geben, außer der Bitte selbst. Die geistige Erneuerung ist keiner Bedingung unterworfen, außer einem aufrichtigen Wunsch. Die Bitte, die das wahrnehmbare Bild des Wunsches ist, sollte die einzige Bedingung
sein, um das wahrnehmbare Bild der Erneuerung zu empfangen.

Wenn man tatsächlich glaubt, eine solche Zeremonie werde wirklich die Erneuerung zur Folge haben, dann setzt die Tatsache, dass man darum bittet, eine so große Gewalt voraus, die man dem Bösen in sich antut, dass im Vergleich dazu alle Umstände rund um diese Bitte bedeutungslos sind. Drei Tage und drei Nächte im Schnee zu knien würde der Schwierigkeit der Sache nichts hinzufügen. Das Böse, das in einem steckt, zum Tode zu verurteilen ist so unendlich schwer, dass es an der
Grenze des Möglichen liegt. Nichts kann schwieriger sein.

Aber eine derartige Bitte erreicht die äußerste Grenze der Schwierigkeit nur dann, wenn man sicher ist, dass die erbetene Zeremonie den Tod des Bösen in einem selbst zur Folge haben wird.

Deshalb ist der Glaube ein unentbehrliches Zwischenglied, um aus dem Körper eine Waage in der geistigen Auseinandersetzung der Seele mit sich selbst zu machen.
Der Glaube schafft die Wahrheit, die sein Inhalt ist. Die Gewissheit, dass eine Zeremonie die geistige Erneuerung herbeiführt, verleiht der Zeremonie diese Wirksamkeit, und zwar nicht durch ein Phänomen von Suggestion, was Täuschung und Lüge mit einschließen würde, sondern durch den hier untersuchten
Mechanismus.

Der Bereich des Glaubens ist der Bereich der durch die Gewissheit hervorgebrachten Wahrheiten. Darin ist der Glaube rechtmäßig. Darin ist er eine Tugend. Eine Wahrheit schaffende Tugend.

Man müsste festlegen, welcher Bereich das ist.

Wenn man etwas mit der Gewissheit, Gott zu gehorchen, tut und ohne anderen Beweggrund oder Absicht als diesen Gehorsam, dann ist es sicher, dass man Gott gehorcht.

Aber folgt daraus, dass man mit dieser Absicht alles beliebige tun kann?
Das ist das große Problem, das Problem der Gita.
Ich verstehe es noch nicht richtig.

Es gibt hier unten drei Mysterien, drei unbegreifliche Dinge.
Die Schönheit, die Gerechtigkeit und die Wahrheit.
Das sind die drei Dinge, die von allen Menschen als Nonnen für alle Dinge hier unten anerkannt werden. Das Unbegreifliche ist die Norm des Bekannten.
Wen wundert es also, dass das irdische Leben unmöglich ist?
Wir sind wie Fliegen, die auf dem Boden einer Flasche kleben, angezogen vom Licht und unfähig hinzugelangen.

Doch lieber für das Fortdauern der Zeit auf dem Boden der Flasche kleben, als sich auch nur einen Augenblick vom Licht abzuwenden.
Licht, wirst du Mitleid haben und am Ende dieses Fortdauerns das Glas zerbrechen?
Selbst wenn es nicht so sein sollte, am Glas kleben bleiben.
Man muss das Fortdauern der Zeit in einer endlichen Zeit durchschritten haben. Damit dies, das widersprüchlich ist, möglich ist, muss der Teil der Seele, der sich auf gleicher Höhe mit der Zeit befindet, der diskursive Teil, der messende Teil,
zerstört werden.

Er kann nur durch das angenommene Unglück zerstört werden oder durch eine Freude, die so stark ist, dass sie einen in die reine Betrachtung stürzt. Oder noch anders?
Die Technik des Koan (Zen-Buddhismus) ist eine Methode für diese Zerstörung.
Vielleicht hatte Platon eine Methode dieser Art in dem, was er Dialektik nannte?
Für den Teil der Seele, der unter der Zeit liegt, ist eine endliche Dauer unendlich. Genauso wie ein Meter unendlich viele Punkte enthält.

Wenn durch die Zerstörung des diskursiven Teils die untere Schicht der Seele freigelegt wird, wenn auf diese Weise in einer endlichen Zeit das Fortdauern durchschritten wird, wenn während dieses Fortdauerns die Seele dem ewigen Licht zugewandt bleibt, dann wird das ewige Licht am Ende vielleicht Mitleid haben und die ganze Seele in seine Ewigkeit hüllen.

Der Teil der Mathematik, der Unendliches verschiedener Ordnung (Mengenlehre, Topologie) betrifft, enthält unendlich kostbare Schätze an Bildern für die übernatürlichen Wahrheiten.
Die untere Schicht der Seele, freigelegt und dem ewigen Licht zugewandt, ist die Trennung und die Vereinigung zwischen Wasser und feurigem Hauch, ist die Umwandlung, deren Symbol die Taufe ist. Die Verbindung von reinem Wasser und ewigem Licht, das ist das Wunder von Kana, die Verwandlung von Wasser in
Wein.
Die Bäume, die Pflanzen wachsen aus dem vollkommen reinen, vom Himmel gefallenen Wasser (der nährende Tau) und dem Licht, das vom Himmel herabsteigt. Der Pflanzensaft, der Wein sind .Mischungen aus diesem Wasser und diesem himmlischen Feuer. Das Chlorophyll des Saftes besitzt die Eigenschaft, das himmlische Feuer festzusetzen und zu kristallisieren. wurden die Bäume als etwas verehrt, das aus dieser Mischung von himmlischen und reinen Elementen hervorgegangen ist? Steht die Metapher vom Baum der Welt damit in
Beziehung?

Dagegen sind das Wasser und der feurige Hauch, von denen die Geburt des Menschen ausgeht, fleischlich, irdisch, unrein.
Hat das Hängen ursprünglich zum Ziel, den Menschen in die Frucht eines Baumes zu verwandeln, indem es seine fleischliche Geburt aufhebt zugunsten einer neuen Geburt aus dem himmlischen Wasser und dem himmlischen Feuer? Das Symbol
wäre also dasselbe -wie das für die Taufe, was die Verbindung zwischen der Taufe und dem Tod Christi am Kreuz erklären würde.

So wie die Taufe durch Eintauchen ein vorgetäuschtes Ertrinken ist, so hat es auch Initiationszeremonien geben können, die aus einem vorgetäuschten Erhängen bestanden. Das würde den Beinamen für Odin, die arkadische Artemis erklären (nach Frazer), etc.

Es kann sein, dass alle Hinrichtungsarten zunächst Initiationszeremonien waren, die die Erneuerung symbolisierten. [N.B. Wenn gesagt wird, rituelle Scheintötungen seien Überbleibsel ursprünglicher Menschenopfer, dann ist das Gegenteil genauso möglich. Man kann mit ebenso gutem Recht annehmen, dass es sich da, wo es Menschenopfer gab, um den Verfall von Zeremonien handelte, die aus bloßen Scheinhandlungen bestanden.]
So wie man im Mittelalter von den Schuldigen vor der Hinrichtung die Tugend der Bußfertigkeit erlangen wollte, genauso glaubte man ursprünglich vielleicht, die vom Gesetz verhängte Strafe müsse zugleich ein Sakrament sein, das die Erneuerung
des Schuldigen bewirkt.
Das ist ein erhabener Gedanke. Das Schwert des Gesetzes muss sein wie das Schwert Ramas, dessen Berührung diejenigen in den Himmel sandte, deren
Kopf es abschlug.
Aber es ist normal, dass die Hebräer, die jede Geistigkeit aus der Religion entfernt harten, das Hängen als einen Fluch betrachteten.

Das macht es möglich, dass die Kreuzigung einen Doppelsinn hat.
Dieser dazwischenliegende, trübe Teil der Seele, der eine schlechte Mischung aus Wasser und Hauch ist muss zerstört werden, um den vegetativen Teil unmittelbar dem feurigen Hauch ausgesetzt zu lassen, der von über dem Himmel her kommt.
Alles abwerfen, was über dem vegetativen Leben ist Das vegetative Leben bloßlegen und es gewaltsam dem himmlischen Licht zuwenden. In der Seele alles zerstören, was nicht an der Materie haftet. Dem himmlischen Licht den Teil der
Seele, der beinahe unbewegte Materie ist, nackt aussetzen.

Die Vollkommenheit, die uns angeboten wird, ist die unmittelbare Vereinigung des göttlichen Geistes mit unbewegter Materie. Unbewegte Materie, die man als denkend betrachtet, ist ein vollkommenes Bild der Vollkommenheit.
Das ist eine Rechtfertigung dessen, was die Hebräer Götzenanbetung nannten.
Aber etwas, was nicht wie ein Mensch aussieht, hat mehr Wert als eine Skulptur; wie etwa ein Stein, Brot, ein Gestirn. Wenn man sich einen mit der Sonne verbundenen Geist vorstellt, so ist das ein vollkommenes Bild der Vollkommenheit.
Deshalb ist dieses aus unbewegter Materie bestehende Universum
schön. Schöner als der schönste Mensch.

Die Bewegungslosigkeit der Materie entspricht der Gerechtigkeit des göttlichen Denkens. Menschliches Denken kann im Fleisch wohnen. Aber wenn ein Denken in unbewegter Materie wohnt, kann es nur göttliches Denken sein.
Deshalb ist, wenn ein Mensch in ein vollkommenes Wesen verwandelt und sein Denken durch das göttliche Denken ersetzt wird, sein Fleisch, unter den Gestalten des lebendigen Fleisches, in gewisser Weise zu einem Leichnam geworden.
Es ist notwendig, dass ein Mensch zugrunde gegangen ist und dass der Leichnam durch einen Lebenshauch, der unmittelbar von über dem Himmel her gekommen ist, von neuem belebt wird.

Wenn Gott sich in einem gewöhnlichen Menschen zu einem bestimmten Zeitpunkt von dessen Leben inkarnieren kann, warum dann nicht auch in einem Samen, der in einem Frauenkörper eingeschlossen ist?
Die auf der Inkarnation beruhenden Vorstellungen bettachten die geistige Erneuerung als ein Besitzen des Menschen durch Gott. Das schließt den Bruch der Kontinuität mit ein. Die anderen Vorstellungen gehen nicht über die Stufe der Verpflichtung, des Gesetzes, hinaus.

Eine Gottheit auf der Stufe der Verpflichtung, das ist die in einen Götzen verwandelte Gesellschaft. Deshalb sinkt der Protestantismus, bei dem die Moral im Vordergrund steht, unaufhaltsam zu einer nationalen Religion ab. Die Moral steht bei ihm im Vordergrund, weil der Begriff des Sakraments geschwächt ist.
Die Reformation hat den Begriff des Sakraments geschwächt, weil die Sakramente Gegenstand einer Usurpation gewesen waren. Wenn eine Gesellschaft das Monopol der Sakramente an sich reißt und diese unter bestimmten Bedingungen
gewährt, liegt Usurpation vor.

Christus hat die Versuchung durch den Teufel, der ihm die Reiche dieser Welt anbot, zurückgewiesen. Aber seine Gattin, die Kirche, ist ihr erlegen. Haben die Pforten der Hölle nicht über sie gesiegt? Aber der Text des Evangeliums, das Vaterunser und die Sakramente bewahren ihre erlösende Wirkung. Nur in diesem Sinn hat die Hölle nicht gesiegt.
Nichts anderes gewährleistet Christi Wort, und es gewährleistet vor allem keineswegs das Fortdauern des Christentums.
(Wenn das Christentum verschwände, würde ihm dann innerhalb
von ein paar Jahrhunderten eine andere Religion folgen, und würde sie aus einer neuen Inkarnation hervorgehen?)

Getauft sein bedeutet heutzutage für den Sohn jüdischer oder atheistischer Eltern die Zustimmung zu einer gesellschaftlichen Gruppe, die die Kirche ist, genauso wie Mitglied einer Partei zu werden die Zustimmung zu dieser Partei bedeutet. Es liegt Usurpation vor. Die Gattin Christi hat sich wie Klytämnestra verhalten. Usurpatorische und ehebrecherische Gattin. [Was Klytämnestra betrifft und Orest, der vor dem Gemetzel bewahrt und in einem fremden Land versteckt wurde, so kehrt ein Thema überall wieder, nämlich das vom kindlichen Gott auf der Flucht, verbannt, versteckt, heimlich großgezogen.
Zeus, Dionysos, Christus … Das drückt unter anderen das tiefe Geheimnis aus, das sogar gegenüber dem Gewissen selbst das Wachsen des in die Seele gelegten Keims übernatürlicher Liebe umgeben muss.]
Das Gleichnis vom Sämann besagt, dass Gott in einem fort seine Gnade vollkommen gleich über alle ausstreut; das Gleichnis von den Arbeitern der elften Stunde besagt, dass Gott all jenen einen vollkommen gleichen Lohn gewährt, die seinem Ruf Folge leisten und ihren Körper dafür opfern, ihm zu gehorchen.
‘Wie kann man es danach wagen, sich Ungleichheit auf geistigem Gebiet vorzustellen? Wir stellen sie hier unten fest; aber die Ursache dafür muss auf die Menschen zurückgeführt werden, und Gott löscht sie in jenen aus, die er in sich verbirgt.

Gott wird als derjenige begriffen, der mittelbar Ursache für alles ist, aber unmittelbar nur für das reine Geistige. Daher ist Er nach der mittelbaren Kausalität allmächtig; aber diese Allmächtigkeit wird bestimmt als gewollte Abdankung zugunsten der Notwendigkeit. Der mittelbaren Kausalität zufolge ist die Macht Gottes hier unten ein unendlich Kleines.
Alles, was reines Gutes ist, wird von Gott befohlen. Alles, was geschieht, ohne jede Unterscheidung, ist erlaubt, das heißt, Gott hat darin eingewilligt. Aber diese Einwilligung ist eine Abdankung. Es handelt sich also nicht um die Ausübung eines
Königtums.

»Dein Königtum«, das ist das reine Gute. »Dein Reich komme”, das Böse verschwinde-und folglich die Schöpfung. Es ist das Ende der Welt, worum in dieser Bitte gebeten wird.
“Dein Wille geschehe«; dein Wille ist, zugunsten der Notwendigkeit abzudanken. Es ist das Dasein der Welt, in das in dieser Bitte eingewilligt wird.
Dein Königtum komme. Und dennoch, da du hier nicht herrschen willst: dein Wille erfülle sich. Man bittet um das Verschwinden des Universums, und man willigt in sein Vorhandensein ein.
Dann bitten wir Gott um Vergebung dafür, dass wir da sind, und wir vergeben ihm, dass er uns da sein lässt. Wir willigen ein dazu sein aber zugleich bitten wir, vor dem
Bösen bewahrt zu werden, und folglich vor dem Dasein.
Dein Name werde heilig gemacht.
Gott hat den Himmel zwischen sich und uns gelegt, um sich zu verbergen; er gibt uns nur eine Sache von sich preis, das ist sein Name. Dieser Name wird uns wirklich preisgegeben.
Wir können damit tun, was wir wollen. Wir können ihn wie ein Etikett auf jede beliebige erschaffene Sache kleben.
Dann entweihen wir ihn, und er verliert seine Kraft. Er hat seine Kraft nur, wenn er ohne jede Vorstellung ausgesprochen wird.

Die Schöpfung ist das Wort, das Gott uns sagt; sie ist auch der Name Gottes. Die Beziehung, die die göttliche Weisheit ist, ist der Name Gottes.
Ein vollkommener Mensch ist der Name Gottes. (Mikrokosmos.)
Seine Art, geheiligt zu werden, besteht darin, zu einem Fluch gemacht zu werden, indem er ans Kreuz gehängt wird.
Gerade der Begriff Mikrokosmos schließt die Inkarnation mit ein. Ein menschliches Wesen, das als Seele die Weltseele hat.
In der Ordnung der Materie können Dinge, zwischen denen keinerlei Unterschied besteht, andersartig sein. Zum Beispiel kann man sich abstrakt zwei völlig gleiche Steine vorstellen.

Aber in der Ordnung des Guten ist das, was völlig gleich ist, eins. Zwei Dinge sind nur dann zwei, wenn sie sich unterscheiden. Folglich ist ein vollkommener Mensch Gott. Aber in der Ordnung des Guten gibt es nur Absteigen und kein Aufsteigen. Gott ist herabgestiegen, um in diesem Menschen zu wohnen. Auf diesen Vorgang können wir nur durch ein Verfahren einwirken, das der sympathetischen Magie ähnelt. Die australischen Zauberer schütten Wasser auf die Erde, um den Regen herbeizubringen. Genauso können wir absteigen, um Gott dazu zu bringen, in uns herabzusteigen. Darin liegt die Kraft der Demut.
Allein die absteigenden Bewegungen stehen in unserer Gewalt. Die aufsteigenden Bewegungen sind imaginär. Alle Mysterien, die Gott betreffen, werden erhellt durch die Unterscheidung zwischen Ordnung des Guten und Ordnung des Daseins.

Wir haben ein wenig Macht. Indem wir abdanken, indem wir in alles, einwilligen, werden wir allmächtig. Denn dann kann nichts geschehen, was nicht unsere Zustimmung hätte.
Liegt darin der verborgene Sinn des Satzes: »Alles ist möglich für den, der den Glauben hat«?

Die im Evangelium hergestellte Verbindung zwischen dem Glauben und besonderen Fähigkeiten (heilen, einen Feigenbaum verdorren lassen) ist ein so vulgärer Gedanke, dass er, wörtlich genommen, unerträglich ist. So scheint es mir zumindest.
Gott hat seine Allmächtigkeit abgelegt und sich entleert. Indem Wir unsere kleine menschliche Macht ablegen, werden wir, in der Leere, Gott gleich.
Das göttliche Wort war in der Göttlichkeit Gott gleich. Es hat sich entleert und ist Sklave geworden. Wir können dem göttlichen Wort in der Leere und im Sklaventum gleich werden.

»Niemand kommt zum Vater denn durch mich«, das heißt, die Demut ist der einzige Weg. Die Inkarnation ist nur eine Gestalt der Schöpfung. Gott hat abgedankt, indem er uns das Dasein gab. Wir danken ab und werden auf diese Weise Gott ähnlich, indem‚ wir es verweigern.
In und durch die Abdankung werden wir in Gott hineinversetzt. Gott hat uns nach seinem Bild geschaffen, das heißt, er hat uns die Macht gegeben, zu seinen Gunsten abzudanken, so wie er für uns abgedankt hat.
Die Tugend der Demut ist unvereinbar mit dem Gefühl, einer von Gott auserwählten gesellschaftlichen Gruppe, Nation (Hebräer, Römer, Deutsche etc.) oder Kirche anzugehören.
Wie kann man die Sakramente einer gesellschaftlichen Organisation entziehen? Den Drachen töten, der den Schatz bewacht?
Der Begriff der bedingungslosen Kraft der Sakramente ist vollkommen schön. Aber die Verweigerung eines Sakramentes sollte niemals möglich sein.
Die Sakramente so austeilen, dass niemand einen Grund haben kann, sich von ihnen fern zuhalten, es· sei denn aus Hass und Angst vor dem Guten. Davon sind wir weit entfernt. Heute kann man rechtmäßige Gründe haben, sich von ihnen fern zuhalten.
Das ist empörend.

Wenn der himmlische Vater den Guten wie den Bösen licht und Wasser schickt, dann müssen bestimmte Sakramente ausgeteilt werden, ohne dass irgendeine Unterscheidung gemacht wird.
Nur die Priesterweihe, die eine Verantwortung mit einschließt, setzt eine Unterscheidung voraus. Die Kirche bemüht sich, das Paradies zu einem Mittel der Erpressung zu machen und jeden zu verdammen, der sie nicht für unfehlbar hält.
Sie wird sich nur dann heiligen, wenn sie abdankt, indem sie auf die Macht verzichtet, die Sakramente zu verweigern.
Selbst die Absolution muss jedem, der sie erbittet, gewährt werden, jedoch indem man ihn warnt, dass sie sich, wenn er sie ohne echte Reue empfingt, in seine Verdammung verkehren wird, und indem man ihn ermutigt, um die Auferlegung einer
Strafe zu ersuchen, die imstande ist, die Reue wie einen Nagel in die Seele eindringen zu lassen. Aber nach dieser Warnung tun, was er will.
Alles gewähren, worum gebeten wird. Es ist diese Leichtigkeit, die sich am besten dazu eignen wird, die Seelen eine heilige Furcht spüren zu lassen.
Nur dann geistige Autorität ausüben, wenn um geistige Anleitung ersucht worden ist, aber sie dann mit aller Strenge ausüben. Die Leute dazu ermutigen, um Anleitung zu ersuchen.

Aber es darf nie irgendein Element gesellschaftlichen Zwanges geben. Jeder Gehorsam muss freiwillig erbracht werden. Christus hat den Seinen das Streben nach Autorität und Macht ausdrücklich verboten. Seine Versammlung (Kirche) dürfte also keine Gesellschaft sein. Wenn man allein ist, in sein Zimmer eingeschlossen, dann
wird man vom Vater gehört, der im Verborgenen wohnt. Wenn man zu zweit oder zu dritt in Christi Namen versammelt ist, dann ist er da. Offenbar sollen es nicht mehr als drei sein.

Ein Kind, das sich vor den Augen seiner Mutter widersetzt, nicht gehorcht, Unvorsichtigkeiten begeht, weil ihm die Gegenwart seiner Mutter ein Schutz gegen alle schlimmen Folgen zu sein scheint, hat, wenn es von seiner Mutter weit weg ist,
Angst vor seiner Freiheit.
Genauso würden die Gläubigen, denen man auf geistigem Gebiet immer alles gewähren würde, worum sie bitten, beginnen, sich zu fürchten und Zuflucht in Gott zu suchen.

Wenn man die Kommunion zu etwas Bedingtem macht, beseitigt man den Schrecken, die Herrlichkeit, die dieses Mysterium umgeben muss. Moses hatte die eherne Schlange aufgerichtet; jeder, der gebissen worden war, konnte sie anblicken.
Aus mangelndem Glauben wurden die Sakramente mit Bedingungen
umgeben.
Das wird sich ändern, oder das Christentum wird untergehen. Auf jeden Fall muss es eine neue Religion geben. Oder ein Christentum, das sich so sehr verwandelt hat, dass es anders geworden ist; oder etwas anderes.

Poetic Edda. Gold= water’s flame. Bewacht von einem Fisch (? pike).
Platon stuft die Metalle als Wasser ein. Das Gold ist mit Feuer verbundenes Wasser.
Symbol der neuen Erschaffung der Seele.
War die Alchimie nicht eine Methode, um die unreinen Materien zu zerlegen, Wasser und Feuer davon zu trennen und sie zu Gold zu verbinden? Und musste jeder chemische Vorgang nicht vom entsprechenden geistigen Vorgang begleitet werden?
Das Feuer des Wassers. Deshalb also besitzt das Gold heilende Kräfte.
China. »Pflanzliches Gold«.

Analogie zwischen dem Gold und dem Saft der Pflanzen.
Die Alchimisten betrachten das Herstellen von Gold als eine Art geistige Vermählung.

Stelle aus irgendeinem alchimistischen Werk über die Nacktheit des Gatten und der Gattin, wenn sie, nachdem die Präliminarien, Verlobung und Hochzeit, vorüber sind, zur ehelichen Vereinigung kommen.
Vereinigung von reinem Wasser und reinem Feuer.
Auch die Edelsteine sind Vereinigungen von Wasser und Feuer.
Der Stein, der zu essen gibt, der provenzalische Gral, entspricht der Eucharistie. Auch Christus ist Stein und Brot in einem.
Es muss Kulte gegeben haben, in denen ein Edelstein verehrt wurde.
In jedem Gegenstand, an den sich viele Menschen mit starken Gefühlen gewendet haben, nistet sich eine Macht ein.
Diese Macht zu verehren ist Götzendienst. Die wahre Anbetung besteht darin, den Gegenstand als etwas zu betrachten, was durch eine von Gott bestätigte Übereinkunft göttlich gemacht wurde.

Aber die Juden, die im Tempel beteten und nicht anderswo, waren genauso »götzendienerisch« wie die Heiden.
So wie jede Silbenverbindung durch Übereinkunft der Name Gottes sein kann, genauso kann jedes Stück Materie durch Übereinkunft die Gegenwart Gottes enthalten: Auf diese Weise kann man durch Übereinkunft Gott aussprechen, hören, sehen, berühren, essen.

Nur so kann die Auseinandersetzung zwischen dem Teil der Seele, der Gottes Gegenwart wünscht, und dem Teil, dem davor graut, durch die Waage des Körpers entschieden werden.
Die reale Gegenwart Gottes wird durch die Auflehnung des gesamten mittelmäßigen Teils der Seele festgestellt.
Die Gegenwart Gottes schneidet die Seele in zwei Teile, das Gute auf der einen Seite, das Böse auf der anderen. Sie ist ein Schwert. Nichts anderes ruft diese Wirkung hervor. Diese Gegenwart ist also feststellbar.

Gott ist das Gute. Er ist weder eine Sache noch eine Person, noch ein Gedanke. Um ihn jedoch erfassen zu können, müssen wir ihn uns als eine Sache, eine Person und einen Gedanken vorstellen.
Die Liebe willigt in alles ein und befiehlt nur jenen, die darin einwilligen. Die Liebe ist Abdankung. Gott ist Abdankung.
Das Gute wird niemals durch das Böse hervorgebracht, aber das Böse wird in gewissem Sinne durch das Gute hervorgebracht.
Das Böse ist zwischen Gott und uns; die Liebe muss darüber hinweg gelangen.
Die Liebe willigt ein, gehasst zu werden. Gott erlaubt dem Bösen dazu sein. Wir müssen dasselbe tun mit dem Bösen, das wir nicht zu zerstören vermögen. wir müssen dem Bösen erlauben, außerhalb von uns selbst dazu sein. Aber nur außerhalb von uns selbst. Das heißt, außerhalb unserer Macht.
Gewitter. Der Blitz schlägt in das Meer ein. Dann erscheint der Regenbogen, Bund zwischen Gott und der Erde. Die himmlische Aphrodite, handelt es sich nicht darum? Der Regenbogen, Mischung aus göttlichem Wasser und göttlichem Feuer, ist das nicht der Gürtel der Aphrodite?

Apokalypse. Wenn der geopferte Christus der allumfassende Erlöser ist, muss er der Erlöser der glückseligen Engel sein.
Folglich muss, als sich die Trennung zwischen guten und bösen Engeln vollzog- im »zweiten Augenblick« der Schöpfung, der Theologie zufolge -, Christus ein erstes Mal geopfert worden sein. Darin liegt die sonderbare Vorstellung von einem Urchaos,
in dem Gut und Böse überall vermischt sind- der Teufel steht vor dem Angesicht Gottes -, gefolgt von einer gewaltsamen Trennung, die den Himmel der ausschließlichen Herrschaft Gottes überlässt, die Erde aber dem Teufel.
Welche Ähnlichkeiten, welche Unterschiede zwischen dieser Vorstellung und der manichäischen Lehre?

Die guten Engel triumphieren im Blut des Lamms. Das Lamm wird gewissermaßen im Himmel geschlachtet, bevor es auf Erden geschlachtet wird. Wer schlachtet es?
Der Teufel steigt auf die Erde herab. In diesem Augenblick geschieht die Erbsünde. Die Schlange war im Himmel Sie fallt auf die Erde und kriecht auf den Baum.
Die Frau muss der Heilige Geist sein.
Eine Zeit und Zeiten und eine halbe Zeit. Die Hälfte von sieben Zeiten.

[Hammer, heiliges nordisches Zeichen? Warum?]
[Der Wolfssohn des Loki ist mit einer Kette aus sechs Dingen angekettet, die nicht existieren: (Geräusch der Schritte einer Katze-Bart einer Frau- Wurzel eines Bergs- Nerven(?) eines Bären – Atem eines Fisches – Speichel eines Vogels). Das
Unmögliche begrenzt die Veränderungen der Materie, und zwar durch einen Bund.]
[Der Bund, der dazu geführt hat, dass der Wolf mit Unmöglichem angekettet wurde, hat einem Gott seine rechte Hand gekostet.

Die Notwendigkeit, Kompromiss zwischen Gott und der Materie.]
Snorri: »The third root of the ash (Yggdrasil) stands in heaven, and beneath this root is a spring which is very holy and is called Urth’s well. There the gods have their judgment seat, and thither they ride each day over Bifrost, which is called also
the Gods’ Bridge (der Regenbogen). « (»Die dritte der Wurzeln der Esche [Yggdrasil] liegt im Himmel, und unter ihr ist eine Quelle, die sehr heilig ist. Sie heißt Urdbrunnen. Dort haben die Götter ihre Gerichtsstätte. An jedem Tag reiten die Asen über Bifröst zu jenem Qn. Darum heißt sie auch Asenbrücke. « -Die Edda, a.a.O., S. 29.) Durch die poetische Edda bestätigt.

Es gibt drei Parzen, Vergangenheit, Gegenwart, Zukunft. Urd ist die Vergangenheit. Ihr Brunnen ist also identisch mit dem »kalten Wasser, das aus dem See der Erinnerung sprudelt« des orphischen Gedichts. Das bestätigt, was Snorri über den
thrakischen Ursprung der skandinavischen Gottheiten sagt.
Es ist dieses Wasser aus dem Brunnen der Vergangenheit, das den Baum der Welt immer grün erhält.

Wäre das jüdische Volk wirklich ein auserwähltes Volk gewesen, dann hätte Christus es sich nicht für seine Geburt ausgesucht, als er zu einem Fluch gemacht wurde. Er wurde im Gebiet zweierverfluchter Völker geboren, Rom und Israel.
Hätte Christus die Auserwähltheit Israels anerkannt, dann wäre der Unterschied in seinem Verhalten gegenüber den Pharisäern und den Samaritern unverständlich.
Christus wurde zu einem Fluch gemacht. Seine Gattin, die Kirche, ebenfalls. Aber ganz anders. Die Hölle -wird nicht siegen. Dies bedeutet nur, dass die Sakramente, solange sie gespendet werden, ihre ganze Kraft besitzen werden für denjenigen, der sie mit einem reinen Herzen empfängt.

»Vom Feuer gesalzen«. Offenkundige Anspielung auf den Taufritus, bei dem das Feuer durchquert wird, wovon im Alten Testament mit so großem Entsetzen die Rede ist. Demeter hat Neoptolemos im Feuer gesalzen. Zumindest hatte sie damit begonnen.
Es ist seltsam, dass derjenige, der sagte, »Ein anderer -wird kommen und wird taufen im Geist und im Feuer«, der Schutzpatron des Festes ist, bei dem man durchs Feuer springt.
Wenn man so will, ist »alles muss vom Feuer gesalzen sein« genauso zwingend wie »wer nicht aus Wasser und Geist geboren ist«. Warum gibt es kein Sakrament, dessen Materie das Feuer ist?

Es ist unmöglich, dass die ganze Wahrheit nicht zu aller Zeit, an allen Orten zugegen ist, jedem zur Verfügung steht, der nach ihr verlangt. »Wer um Brot bittet«. Die Wahrheit ist Brot. Es ist unsinnig anzunehmen, dass jahrhundertelang niemand oder
fast niemand nach der Wahrheit verlangt hat und dass danach jahrhundertelang ganze Völker nach ihr verlangt haben.
Diejenigen, die die Wahrheit nicht gehabt haben, wie die Juden vor Nebukadnezar, die Römer und andere, haben sie zurückgewiesen.
Die Juden und die Römer haben Christus gemeinsam gekreuzigt.
Doch sie haben ihm schlimmeres angetan, als das Christentum zur Religion des Kaiserreiches geworden ist, mit dem Alten Testament als heiligem Text.
Könnte nicht die so begründete Kirche der falsche Prophet mit den Hörnern eines Lamms und der Sprache einer Schlange sein?
Alles, was nicht immer an allen Orten jedem, der nach der Wahrheit verlangt, zur Verfügung gestanden hat, ist etwas anderes als die Wahrheit.
Wegen der Unzulänglichkeit des Glaubens entsteht das Bedürfnis, gesellschaftliche Gläubigkeit hinzuzufügen. Deshalb nimmt man die gesellschaftliche Usurpation der Kirche hin.

Die Inquisition schützt jeden gegen die Versuchung des Zweifels. Wenn man weiß, dass man im Fall eines Zweifels getötet wird, dann weiß man, daß man nicht zweifeln darf. Ausgenommen diejenigen, die einen trotzigen Charakter haben, auf die es eine entgegengesetzte Wirkung ausübt. Aber warum haben sie einen so trotzigen Charakter?
Der gesellschaftliche Druck ahmt alle Auswirkungen des Glaubens so gut nach- und er hat den Vorteil, dass er die Seele nicht rettet!
Die verbotene Frucht, das ist vielleicht das Schauspiel der fleischlichen Liebe für die nicht inkarnierten Seelen. Es ist ihnen verboten, zu ihr hinabzusteigen – sie steigen hinab – sie inkarnieren sich. Vielleicht ist das die transzendentale Wahl.
Vielleicht ist der Seelenzustand der Liebenden während der Paarung in einer augenblicklichen Form das Schicksal, das sich zu einem ganzen Leben ausdehnen wird.

Vielleicht hängt dieser Seelenzustand zum Teil von der Konstellation der Gestirne in diesem Augenblick ab (kosmische Strahlen).
(Wenn Gott im Augenblick der Vereinigung wie ein Schwert mit doppelter Schneide zwischen den Eheleuten ist, dann ist das Kind von seiner Geburt an heilig. Kann er das?)
Wenn wir in der Sünde geboren werden, dann ist es offenkundig, dass die Geburt eine Sünde darstellt.
Die Seele steigt herab und inkarniert sich, damit sie das Gute und das Schlechte kennt. Oben kennt sie nur das Gute (katharische Überlieferung).
Ist das auch die verbotene Tür in so vielen Märchen?
Das Gleichnis vom guten Samen und vom Unkraut ist durch und durch manichäisch. Gott hat nur den guten Samen gesät. Das Unkraut sät der Teufel. Gott lässt das eine wie das andere bestehen bis zur vollen Reife des Guten, weil sie so sehr miteinander verflochten sind, dass es unmöglich wäre, das eine ohne das andere zu zerstören. Die Ernte ist das Ende der Welt.
Nachdem Gott reines Gutes geschaffen hat, hat der Teufel Böses in einer .Art daruntergemischt, dass Gott sie nicht voneinander trennen kann, außer indem er beide zerstört.

Geschichten über das Aussondern in den Märchen.
Der Teufel ist wirklich sehr stark.
Gott kann diese Welt nicht besser machen. Er könnte sie nur zerstören. Er wählt, sie im Hinblick auf die volle Entfaltung des Guten bestehen zu lassen.
Und warum nicht? Tatsächlich tut das Böse dem Guten nichts Böses. Das Böse tut nur den Mittelmäßigen Böses.
Das Kreuz tut dem bösen Schächer Böses, nicht dem guten, und auch nicht Christus.

Biologie. Ein Stoff, der eine Reaktion hemmt, ist ein Stoff, der dem Katalysator dieser Reaktion ähnlich ist. Genau wie die Schlangen in der Wüste und die eherne
Schlange etc.
Bewundernswert.

Ich glaube, dass die Wissenschaft ganz und gar aus solchen Bildern bestehen muss.
Die Wissenschaft wäre genauso aufregend zu erforschen wie die Volksdichtung.
Diese symbolische Sprache Gottes ist eben soviel wert wie irgendwelche heiligen Schriften.
Gott kann ein Stück Brot werden, ein Stein, ein Baum, ein Lamm, ein Mensch. Aber Er kann kein Volk werden. Kein Volk kann eine Inkarnation Gottes sein.
Der Teufel ist das Kollektiv. (Das ist die Gottheit bei Durkheim.) Darauf weist die Apokalypse ganz deutlich hin durch dieses Tier, das so offensichtlich das Große Tier Platons ist.

Der Stolz ist das charakteristische Attribut des Teufels. Nun ist der Stolz aber etwas Gesellschaftliches. plereonezia – Der Stolz ist der gesellschaftliche Selbsterhaltungstrieb. Die Demut ist das Annehmen des gesellschaftlichen Todes.
Ich befürchte immer mehr, dass der falsche Prophet der Apokalypse, im Denken des Verfassers, die Kirche ist. (N.B. Welches ist das älteste Datum, an dem die Apokalypse erwähnt wird?)

Die tödliche Wunde, die dem Tier zugefügt wurde, ist das nicht die Kreuzigung Christi? Und als sich das Tier wieder von dieser Wunde erholt, ist das nicht die Übernahme des Christentums als offizielle Religion? Eine Übernahme, die vom Verfasser vielleicht nur vorausgesehen wurde. Die Christen haben das bestimmt erhofft, daran gedacht, lange vor Konstantin.
Diese Hoffnung konnten sie mit Piso haben. Und die Apokalypse scheint ausgerechnet unter Galba geschrieben worden zu sein.
Wäre der Hauptzweck des Werkes also die Warnung vor diesem Verfall des Christentums?

Nie ist irgendein Volk mit Gott gleichgesetzt worden.
Der Teufel ist der Vater des Nimbus, und der Nimbus ist gesellschaftlich. »Die Meinung, Königin der Welt«. Die Meinung ist also der Teufel. Fürst dieser Welt.
Wenn zwei oder drei von euch in meinem Namen beisammen sind, werde ich unter ihnen sein.
Aber wenn es vier sind? Wird dann der Teufel unter ihnen sein?
Vielleicht.
Und die Konzile also?
Vielleicht …
Zum Glück »werden die Pforten der Hölle nicht siegen«.-
Es bleibt ein unzerstörbarer Kern Wahrheit.

Gott als Stein, Baum, Tier, Mensch etc. Gral, Yggdrasil, Lamm, Christus.
Der Stein der Weisen, der es erlaubt, die Entropie gegen den Strich wieder hinaufzusteigen, musste – wenn man annimmt, dass es ihn gegeben hat – requalifizierende Energie enthalten.
Deshalb ist bei den Alchimisten so oft von der Macht der Zeugung die Rede.
[Versuchten sie, ihre eigene Macht in ein chemisches Präparat zu übertragen?
Cf. Volksdichtung, Märchen über das äußere Leben.
Cf. was V. D. mir über Christus beim Abendmahl gesagt hat].
Quellen lebendigen Wassers werden aus ihrem Bauch hervorsprudeln.
Das muss in der Platonischen Physiologie eine ganz genaue Bedeutung haben. Im Timaios nachsehen.
Warum wird die Zusammenkunft von zwei oder drei Christen in Christi Namen nicht als Sakrament angesehen?
In der Bibel wird immer gesagt: Ihr werdet eure Feinde in die Flucht schlagen, ihr werdet sie niedermetzeln etc., damit man weiß, was euer Gott ist. Niemals: ihr werdet Weizen dorthin schicken, wo Hunger herrscht etc., damit man weiß…
Der Teufel, der kam und Christus vorschlug, die dem Messias seit Jahrhunderten gemachten Versprechungen für ihn zu erfüllen, wer anders konnte er sein als Jahweh? (Eine Seite Jahwehs- denn eine andere Seite Jahwehs ist der wahre Gott.)

 

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