UNTER EIN BILD
Rabenüberschwärmte Weizenwoge.
Welchen Himmels Blau? Des untern? Obern?
Später Pfeil, der von der Seele schnellte.
Stärkres Schwirren. Näh’res Glühen. Beide Welten.
SCHNEEBETT
Augen, weitblind, im Sterbegeklüft: Ich komm,
Hartwuchs im Herzen.
Ich komm.
Mondspiegel Steilwand. Hinab.
(Atemgeflecktes Geleucht. Strichweise Blut.
Wölkende Seele, noch einmal gestaltnah.
Zehnfingerschatten – verklammert.)
Augen weltblind,
Augen im Sterbegeklüft,
Augen Augen:
Das Schneebett unter uns beiden, das Schneebett.
Kristall um Kristall,
zeittief gegittert, wir fallen,
wir fallen und liegen und fallen.
Und fallen:
Wie waren. Wir sind.
Wir sind ein Fleisch mit der Nacht.
In den Gängen, den Gängen.
NACHT
Kies und Geröll. Und ein Scherbenton, dünn,
als Zuspruch der Stunde.
Augentausch, endlich, zur Unzeit:
bildbeständig,
verholzt
die Netzhaut -:
das Ewigkeitszeichen.
Denkbar:
droben, im Weltgestänge,
sterngleich,
das Rot zweier Münder.
Hörbar (vor Morgen?): ein Stein,
der den andern zum Ziel nahm.
ENTWURF EINER LANDSCHAFT
Rundgräber, unten. Im
Viertakt der Jahresschritt auf
den Steilstufen rings.
Laven, Basalte, weltherz-
durchglühtes Gestein.
Quelltuff,
wo uns das Licht wuchs, vor
dem Atem.
Ölgrün, meerdurchstäubt die
unbetretbare Stunde. Gegen
die Mitte zu, grau,
ein Steinsattel, drauf,
gebeult und verkohlt,
die Tierstirn mit
der strahligen Blesse.
DIE WELT, zu uns
in die leere Stunde getreten:
Zwei
Baumschäfte, schwarz,
unverzweigt, ohne
Knoten.
In der Düsenspur, scharfrandig, das
eine frei-
stehende Hochblatt.
Auch wir hier, im Leeren,
stehn bei den Fahnen.
ENGFÜHRUNG
VERBRACHT ins
Gelände
mit der untrüglichen Spur:
Gras, auseinandergeschrieben. Die Steine, weiß,
mit den Schatten der Halme:
Lies nicht mehr – schau!
Schau nicht mehr – geh!
Geh, deine Stunde
hat keine Schwestern, du bist –
bist zuhause. Ein Rad, langsam,
rollt aus sich selber, die Speichen
klettern,
klettern auf schwärzlichem Feld, die Nacht
braucht keine Sterne, nirgends
fragt es nach dir.
*
Nirgends
fragt es nach dir
Der Ort, wo sie lagen, er hat
einen Namen – er hat
keinen. Sie lagen nicht dort. Etwas
lag zwischen ihnen. Sie
sahn nicht hindurch.
Sahn nicht, nein,
redeten von
Worten. Keines
erwachte, der
Schlaf
kam über sie.
*
Kam, kam. Nirgends
fragt es –
Ich bins, ich,
ich lag zwischen euch, ich war
offen, war
hörbar, ich tickte euch zu, euer Atem
gehorchte, ich
bin es noch immer, ihr
schlaft ja.
*
Bin es noch immer –
Jahre.
Jahre, Jahre, ein Finger
tastet hinab und hinan, tastet
umher:
Nahtstellen, fühlbar, hier
klafft es weit auseinander, hier
wuchs es wieder zusammen – wer
deckte es zu?
*
Deckte es
zu – wer ?
Kam, kam.
Kam ein Wort, kam,
kam durch die Nacht,
wollt leuchten, wollt leuchten.
Asche.
Asche. Asche.
Nacht.
Nacht-und-Nacht. – Zum
Aug geh, zum feuchten.
*
Zum
Aug geh,
zum feuchten –
Orkane.
Orkane, von je,
Partikelgestöber, das andre,
du
weißts ja, wir lasens im Buche, war
Meinung.
War, war
Meinung. Wie
faßten wir uns
an – an mit
diesen
Händen?
Es stand auch geschrieben, daß.
Wo? Wir
taten ein Schweigen darüber,
giftgestillt, groß,
ein
grünes
Schweigen, ein Kelchblatt, es
hing ein Gedanke an Pflanzliches dran –
grün, ja,
hing, ja,
unter hämischem
Himmel.
An, ja,
Pflanzliches.
Ja.
Orkane, Par-
tikelgestöber, es blieb
Zeit, blieb,
es beim Stein zu versuchen – er
war gastlich, er
fiel nicht ins Wort. Wie
gut wir es hatten:
Körnig,
körnig und faserig. Stengelig,
dicht;
traubig und strahlig; nierig,
plattig und
klumpig; locker, ver-
ästelt -: er, es
fiel nicht ins Wort, es
sprach,
sprach gerne zu tockenen Augen, eh es sie schloß.
Sprach, sprach,
War, war.
Wir
ließen nicht locker, standen
inmitten, ein
Porenbau, und
es kam.
Kam auf uns zu, kam
hindurch, flickte
unsichtbar, flickte
an der letzten Membran,
und
die Welt, ein Tausendkristall,
schoß an, schoß an.
*
Schoß an, schoß an.
Dann –
Nächte, entmischt. Kreise,
grün oder blau, rote
Quadrate: die
Welt setzt ihr Innerstes ein
im Spiel mit den neuen
Stunden. – Kreise,
rot oder schwarz, helle
Quadrate, kein
Flugschatten,
kein
Meßtisch, keine
Rauchseele steigt und spielt mit.
*
Steigt und
spielt mit –
In der Eulenflucht, beim
versteinerten Aussatz,
bei
unsern geflohenen Händen, in
der jüngsten Verwerfung,
überm
Kugelfang an
der verschütteten Mauer:
sichtbar, aufs
neue: die
Rillen, die
Chöre, damals, die
Psalmen. Ho, ho-
sianna.
Also
stehen noch Tempel. Ein
Stern
hat wohl noch Licht.
Nichts,
nichts ist verloren.
Ho-
sianna.
In der Eulenflucht, hier,
die Gespräche, taggrau,
der Grundwasserspuren.
*
(- – taggrau,
der
Grundwasserspuren –
Verbracht
ins Gelände
mit
der untrüglichen
Spur:
Gras.
Gras,
auseinandergeschrieben.)
DIE NIEMANDSROSE (1963)
SOVIEL GESTIRNE, die
man uns hinhält. Ich war,
als ich dich ansah – wann? -,
draußen bei
den andern Welten.
O diese Wege, galaktisch,
o diese Stunde, die uns
die Nächte herüberwog in
die Last unsrer Namen. Es ist,
ich weiß es, nicht wahr,
daß wir lebten, es ging
blind nur ein Atem zwischen
Dort und Nicht-da und Zuweilen,
kometenhaft schwirrte ein Aug
auf Erloschenens zu, in den Schluchten,
da, wo’s verglühte, stand
zitzenprächtig die Zeit,
an der schon empor- und hinab-
und hinwegwuchs, was
ist oder war oder sein wird -,
ich weiß,
ich weiß und du weißt, wir wußten,
wir wußten nicht, wir
waren ja da und nicht dort,
und zuweilen, wenn
nur das Nichts zwischen uns stand, fanden
wir ganz zueinander.
ZU BEIDEN HÄNDEN, da
wo die Sterne mir wuchsen, fern
allen Himmeln, nah
allen Himmeln:
Wie
wacht es sich da! Wie
tut sich die Welt uns auf, mitten
durch uns!
Du bist,
wo dein Aug ist, du bist
oben, bist
unten, ich
finde hinaus.
O diese wandernde leere
gastliche Mitte. Getrennt,
fall ich dir zu, fällst
du mir zu, einander
entfallen, sehn wir
hindurch:
Das
Selbe
hat uns
verloren, das
Selbe
hat uns
vergessen, das
Selbe
hat uns – –
MIT ALLEN GEDANKEN ging ich
hinaus aus der Welt: das warst du,
du meine Leise, du meine Offne, und –
du empfingst uns.
Wer
sagt, daß uns alles erstarb,
da uns das Auge brach?
Alles erwachte, alles hob an.
Groß kam eine Sonne geschwommen, hell
standen ihre Seele und Seele entgegen, klar,
gebieterisch schwiegen sie ihr
ihre Bahn vor.
Leicht
tat sich dein Schoß auf, still
stieg ein Hauch in den Äther,
und was sich wölkte, wars nicht,
wars nicht Gestalt und von uns her,
wars nicht
so gut wie ein Name?
TÜBINGEN, JÄNNER
Zur Blindheit über-
redete Augen.
Ihre – “ein
Rätsel ist Rein-
entsprungenes”, ihre
Erinnerung an
schwimmende Hölderlintürme, möven-
umschwirrt.
Besuche ertrunkener Schreiner bei
diesen
tauchenden Worten:
Käme,
käme ein Mensch,
käme ein Mensch zur Welt, mit
dem Lichtbart der
Patriarchen: er dürfte,
spräch er von dieser
Zeit, er
dürfte
nur lallen und lallen,
immer-, immer-
zuzu.
(“Pallaksch. Pallaksch.”)
FLIMMERBAUM
Ein Wort,
an das ich dich gerne verlor:
das Wort
Nimmer.
Es war,
und bisweilen wußtest auch du’s,
es war
eine Freiheit.
Wir schwamen.
Weißt du noch, daß ich sang?
Mit dem Flimmerbaum sang ich, dem Steuer.
Wir schwammen.
Weißt du noch, daß du schwammst?
Offen lagst du vor mir,
lagst du mir, lagst
du mir vor
meiner vor-
springenden Seele.
Ich schwamm für uns beide. Ich schwamm nicht.
Der Flimmerbaum schwamm.
Schwamm er? Es war
ja ein Tümpel rings. Es war der unendliche Teich.
Schwarz und unendlich, so hing,
so hing er weltabwärts.
Weißt du noch, daß ich sang?
Diese –
o diese Drift.
Nimmer. Weltabwärts. Ich sang nicht. Offen
lagst du mir vor
der fahrenden Seele.
…RAUSCHT DER BRUNNEN
Ihr gebet-, ihr lästerungs-, ihr
gebetscharfen Messer
meines
Schweigens.
Ihr meine mit mir ver-
krüppelnden Worte, ihr
meine geraden.
Und du:
du, du, du
mein täglich wahr- und wahrer-
geschundenes Später
der Rosen -:
Wieviel, o wieviel
Welt. Wieviel
Wege.
Krücke du, Schwinge. Wir – –
Wir werden das Kinderlied singen, das,
hörst du, das
mit den Men, mit den Schen, mit den Menschen, ja das
mit dem Gestrüpp und mit
dem Augenpaar, das dort bereitlag als
Träne-und-
Träne.
EIN WURFHOLZ, auf Atemwegen,
so wanderts, das Flügel-
mächtige, das
Wahre. Auf
Sternen-
bahnen, von Welten-
splittern geküßt, von Zeit-
körnern genarbt, von Zeitstaub, mit-
verwaisend mit euch,
Lapilli, ver-
zwergt, verwinzigt, ver-
nichtet,
verbracht und verworfen,
sich selber der Reim, –
so kommt es
geflogen, so kommts
wieder und heim,
einen Herzschlag, ein Tausendjahr lang
innezuhalten als
einziger Zeiger im Rund,
das eine Seele,
das seine
Seele
beschrieb,
das eine
Seele
beziffert.
HÜTTENFENSTER
Das Aug, dunkel:
als Hüttenfenster. Es sammelt,
was Welt war, Welt bleibt: den Wander-
Osten, die
Schwebenden, die
Menschen-und-Juden,
das Volk-vom-Gewölk, magnetisch
ziehts, mit Herzfingern, an
dir, Erde:
du kommst, du kommst,
wohnen werden wir, wohnen, etwas
– ein Atem? ein Name? –
geht im Verwaisten umher,
tänzerisch, klobig,
die Engels-
schwinge, schwer von Unsichtbarem, am
wundgeschundenen Fuß, kopf-
lastig getrimmt
vom Schwarzhagel, der
auch dort fiel, in Witebsk,
– und sie, die ihn säten, sie
schreiben ihn weg
mit mimetischer Panzerfaustklaue! -,
geht, geht umher,
sucht,
sucht unten,
sucht droben, fern, sucht
mit dem Auge, holt
Alpha Centauri herunter, Arktur, holt
den Strahl hinzu, aus den Gräbern,
geht zu Ghetto und Eden, pflückt
das Sternbild zusammen, das er,
der Mensch, zum Wohnen braucht, hier,
unter Menschen,
schreitet
die Buchstaben ab und der Buchstaben sterblich-
unsterbliche Seele,
geht zu Aleph und Jud und geht weiter,
baut ihn, den Davidsschild, läßt ihn
aufflammen, einmal,
läßt ihn erlöschen – da steht er,
unsichtbar, steht
bei Alpha und Aleph, bei Jud,
bei den andern, bei
allen: in
dir,
Beth, – das ist das Haus, wo der Tisch steht mit
dem Licht und dem Licht.
DIE SILBE SCHMERZ
Es gab sich Dir in die Hand:
ein Du, todlos,
an dem alles Ich zu sich kam. Es fuhren
wortfreie Stimmen rings, Leerformen, alles
ging in sie ein, gemischt
und entmischt
und wieder
gemischt.
Und Zahlen waren
mitverwoben in das
Unzählbare. Eins und Tausend und was
davor und dahinter
größer war als es selbst, kleiner, aus-
gereift und
rück- und fort-
verwandelt in
keimendes Niemals.
Vergessenes griff
nach Zu-Vergessendem, Erdteile, Herzteile
schwammen,
sanken und schwammen. Kolumbus,
die Zeit-
lose im Aug, die Mutter-
Blume,
mordete Masten und Segel. Alles fuhr aus,
frei,
entdeckerisch,
blühte die Windrose ab, blätterte
ab, ein Weltmeer
blühte zuhauf und zutag, im Schwarzlicht
der Wildsteuerstriche. In Särgen,
Urnen, Kanopen
erwachten die Kindlein
Jaspis, Achat, Amethyst – Völker,
Stämme und Sippen, ein blindes
E s s e i
knüpfte sich in
die schlangenköpfigen Frei-
Taue -: ein
Knoten
(und Wider- und Gegen- und Aber- und Zwillings- und Tau-
sendknoten), an dem
die fastnachtsäugige Brut
der Mardersterne im Abgrund
buch-, buch-, buch-
stabierte, stabierte.
IN DER LUFT, da bleibt deine Wurzel, da,
in der Luft.
Wo sich das Irdische ballt, erdig,
Atem-und-Lehm.
Groß
geht der Verbannte dort oben, der
Verbrannte: ein Pommer, zuhause
im Maikäferlied, das mütterlich blieb, sommerlich, hell-
blutig am Rand
aller schroffen,
winterhart-kalten
Silben.
Mit ihm
wandern die Meridiane:
an-
gesogen von seinem
sonnengesteuerten Schmerz, der die Länder verbrüdert nach
dem Mittagsspruch einer
liebenden
Ferne. Aller-
orten ist Hier und ist Heute, ist, von Verzweiflungen her,
der Glanz,
in den die Entzweiten treten mit ihren
geblendeten Mündern:
der Kuß, nächtlich,
brennt einer Sprache den Sinn ein, zu der sie erwachen, sie –
heimgekehrt in
den unheimlichen Bannstrahl,
der die Verstreuten versammelt, die
durch die Sternwüste Seele Geführten, die
Zeltmacher droben im Raum
ihrer Blicke und Schiffe,
die winzigen Garben Hoffnung,
darin es von Erzengelfittichen rauscht, von Verhängnis
die Brüder, die Schwestern, die
zu leicht, die zu schwer, die zu leicht
Befundenen mit
der Weltenwaage im blut-
schändrischen, im
fruchtbaren Schoß, die lebenslang Fremden,
spermatisch bekränzt von Gestirnen, schwer
in den Untiefen lagernd, die Leiber
zu Schwellen getürmt, zu Dämmen, -die
Furtenwesen, darüber
der Klumpfuß der Götter herüber-
gestolpert kommt – um
wessen
Sternzeit zu spät?
ATEMWENDE (1967)
DIE ZAHLEN, im Bund
mit der Bilder Verhängnis
und Gegen-
verhängnis.
Der darübergestülpte
Schädel, an dessen
schlafloser Schläfe ein irr-
lichternder Hammer
all das im Welttakt
besingt.
HAFEN
Wundgeheilt: wo-,
wenn du wie ich wärst, kreuz-
und quergeträumt von
Schnapsflaschenhälsen am
Hurentisch
– würfel
mein Glück zurecht, Meerhaar,
schaufel die Welle zuhaut, die mich trägt, Schwarzfluch,
brich dir den Weg
durch den heißesten Schoß,
Eiskummerfeder -,
wo-
hin
kämst du nicht mit mir zu liegen, auch
auf die Bänke
bei Mutter Clausen, ja sie
weiß, wie oft ich dir bis
in die Kehle hinaufsang, heidideldu,
wie die heidelbeerblaue
Erle der Heimat mit all ihrem Laub,
heidudeldi,
du, wie die
Astralflöte von
jenseits des Weltgrats – auch da
schwammen wir, Nacktnackte, schwammen,
den Abgrundvers auf
brandroter Stirn – unverglüht grub
sich das tief-
innen flutende Gold seine Wege nach oben -,
mit bewimperten Segeln,
fuhr auch Erinnrung vorbei, langsam
sprangen die Brände hinüber, ab-
getrennt, du,
abgetrennt auf
den beiden blau- schwarzen Gedächtnis-
schuten,
doch angetrieben auch jetzt
vom Tausend-
arm, mit dem ich dich hielt,
kreuzen, an Sternwurf-Kaschemmen vorbei,
unsre immer noch trunknen, trinkenden,
nebenweltlichen Münder – ich nenne nur sie -,
bis drüben am zeitgrünen Uhrturm
die Netz-, die Ziffemhaut lautlos
sich ablöst – ein Wahndock,
schwimmend, davor
abweltweiß die
Buchstaben der
Großkräne einen
Unnamen schreiben, an dem
klettert sie hoch, zum Todessprung, die
Laufkatze Leben,
den
baggern die sinn-
gierigen Sätze nach Mitternacht aus,
nach ihm
wirft die neptunische Sünde ihr korn-
schnapsfarbendes Schleppseil,
zwischen
zwölf-
tonigen Liebeslautbojen
– Ziehbrunnenwinde damals, mit dir
singt es im nicht mehr
binnenländischen Chor –
kommen die Leuchtfeuerschiffe getanzt,
weither, aus Odessa,
die Tieflademarke,
die mit uns sinkt, unsrer Last treu,
eulenspiegelt das alles
hinunter, hinauf und – warum nicht? wundgeheilt, wo-,
herbei und vorbei und herbei.
THE WORD
Ins Hirn gehaun – halb? zu drei Vierteln? -,
gibst du, genächtet, die Parolen – diese:
»Tatarenpfeile«.
“Kunstbrei”
“Atem”
Es kommen alle, keiner fehlt und keine.
(Sipheten und Probyllen sind dabei.)
Es kommt ein Mensch.
Weltapfelgroß die Träne neben dir,
durchrauscht, durchfahren
von Antwort,
Antwort
Antwort
Durcheist – von wem?
»Passiert«, sagst du,
“passiert”
“passiert”
Der stille Aussatz löst sich dir vom Gaumen
und fächelt deiner Zunge Licht zu,
Licht.
GROSSE, GLÜHENDE WÖLBUNG
mit dem sich
hinaus- und hinweg-
wühlenden Schwarzgestirn-Schwarm:
der verkieselten Stirn eines Widders
brenn ich dies Bild ein, zwischen
die Hörner, darin,
im Gesang der Windungen, das
Mark der geronnenen
Herzmeere schwillt.
Wo-
gegen
rennt er nicht an?
Die Welt ist fort, ich muß dich tragen.
DER MIT HIMMELN GEHEIZTE
Feuerriß durch die Welt.
Die Wer da?-Rufe
in seinem Innern:
durch dich hier hindurch
auf den Schild
der Ewigen Wanze gespiegelt,
umschnüffelt von Falsch und Verstört,
die unendliche Schleife ziehend, trotzdem,
die schiffbar bleibt für die un-
getreidelte Antwort.
EINMAL
da hörte ich ihn,
da wusch er die Welt,
ungesehn, nachtlang,
wirklich.
Eins und Unendlich,
vernichtet,
ichten.
Licht war. Rettung.
FADENSONNEN
GEZINKT DER ZUFALL, unzerweht die Zeichen,
die Zahl, vervielfacht, ungerecht umblüht,
der Herr ein Flüchtignaher, Regnender, der zuäugt,
wie Lügen sieben-
lodern, Messer
schmeicheln, Krücken
Meineid schwören, U-
unter
dieser
Welt
wühlt schon die neunte,
Löwe,
sing du das Menschenlied
von Zahn und Seele, beiden
Härten.
DER GEGLÜCKTE
Mumiensprung übers
Gebirge.
Das vereinzelte Riesen-
blatt der Paulownia,
das ihn vermerkt.
Ungepflückt die großen
Spielzeug-
welten. Keinerlei Dienst
am Gestirn.
In den Kontrolltürmen hämmern
die hundert silbernen Hufe
das verbotene
Licht frei.
DIE KOLLIDIERENDEN Schläfen,
nackt, im Maskenverleih:
hinter der Welt
wirft die ungebetene Hoffnung
die Schlepptrosse aus.
An den meerigen Wundrändern landet
die atmende Zahl.
DIE LIEBE, zwangsjackenschön,
hält auf das Kranichpaar zu.
Wen, da er durchs Nichts fährt,
holt das Veratmete hier
in eine der Welten herüber?
DIE ABGEWRACKTEN TABUS,
und die Grenzgängerei zwischen ihnen,
weltennaß, auf
Bedeutungsjagd, auf
Bedeutungs-
flucht.
BEI GLÜH- UND MÜHWEIN, nekronym
lang vor der Zeit,
laß ich die Gläserwelt – und nicht nur sie –
Revue passieren
und roll mich in ein steifes Segel, mastenstark,
die Enden tief im Hohlzahn eines Ankers,
und leg mir einen Nabel zu, zwischen den Mitten,
aus unter fetten Sternen
in der gerunzelten Flut,
die sie um-eist,
rotgehurtem
Kork.
DIE FREIGEBLASENE LEUCHTSAAT
in den unter Weltblut
stehenden Furchen.
Eine Hand mit dem Schimmer des Urlichts
wildert jenseits
der farnigen Dämme:
als hungerte noch
irgendein Magen,
als flügelte noch
irgendein zu
befruchtendes Aug.
DIE HOCHWELT – verloren, die Wahnfahrt, die Tagfahrt.
Erfragbar, von hier aus,
das mit der Rose im Brachjahr
heimgedeutete Nirgends.
EINGEDUNKELT
ANGEFOCHTENER STEIN
grüngrau, entlassen
ins Enge.
Enthökerte Glutmonde
leuchten
das Kleinstück Welt aus:
das also warst du
auch.
In den Gedächtnislücken
stehn die eigenmächtigen Kerzen
und sprechen Gewalt zu.
EINGEDUNKELT
die schlüsselgewalt.
Der Stosszahn regiert,
von der Kreidespur her,
gegen die Welt –
sekunde.
LICHTZWANG (1970)
WAS UNS
zusammenwarf,
schrickt auseinander,
ein Weltstein, sonnenfern,
summt.
WO ICH mich in dir vergaß,
wardst du Gedanke,
etwas
rauscht durch uns beide:
der Welt erste
der letzten
Schwingen,
mir wächst
das Fell zu überm
gewittrigen
Mund,
du
kommst nicht
zu
dir.
SEIT LANGEM bestiegener Schlammkahn.
Ein ab-
gesprungener
Knopf
tüftelt an jeder Ranunkel,
die Stunde, die Kröte,
hebt ihre Welt aus den Angeln.
Wenn ich die Karrenspur fräße,
war ich dabei.
DIE LEHMIGEM OPFERGÜSSE,
von Schnecken umkrochen:
das Bild der Welt,
dem Himmel entgegengetragen
auf einem Brombeerblatt.
MIT TRAUMANTRIEB auf der Kreisbahn,
an-
geschwelt,
zwei Masken statt einer,
Planetenstaub in den gehöhlten
Augen,
nachtblind, tagblind,
weltblind,
die Mohnkapsel in dir
geht irgendwo nieder,
beschweigt
einen Mitstern,
die schwimmende Trauerdomäne
vermerkt einen weiteren Schatten,
es helfen dir alle,
der Herzstein durchstößt seinen Fächer,
keinerlei
Kühle,
es helfen dir alle,
du segelst, verglimmst und verglost,
Augenschwärme passieren die Enge,
ein Blutkloß schwenkt ein auf die Bahn,
Erdschwärme sprechen dir zu,
das Wetter im All
hält Ernte.
FAHLSTIMMIG, aus
der Tiefe geschunden:
kein Wort, kein Ding,
und beider einziger Name,
fallgerecht in dir,
fluggerecht in dir,
wunder Gewinn
einer Welt.
AUCH MICH, den wie du Geborenen, hält keine Hand,
und keine wirft mir ein Glück in die Stunde, nicht anders als dir,
dem wie ich in Stierblut Getauchten,
doch stehen die Zahlen bereit, der Träne zu leuchten,
die in die Welt schnellt
aus unserm Nabel,
doch geht in die große Silbenschrift ein,
was uns nah kam, einzeln,
und die Mandelhode
gewittert
und blüht.
ALLMÄHLICH CLOWNGESICHTIG,
nichtsgespiegelt,
die Schminke Wahrheit blaugefrorn
im Winkelmund,
Frostpollen Puder auf dem blanken Überschädel,
rund um die dünne Fragelocke Schwarz,
die Brauen, Brauen: wachsend,
zwei Riesenfühlerkämme, zwei,
– du großgestrählte,
großgespürte Rauhnacht Immerimmer -,
schon fortgeschwungen aus der Flocke Welt,
nicht hin, nicht her.

TRECKSCHUTENZEIT,
die Halbverwandelten schleppen
an einer der Welten,
der Enthöhte, geinnigt,
spricht unter den Stirnen am Ufer:
Todes quitt, Gottes
quitt.
WO ICH mich in dir vergaß,
wardst du Gedanke,
etwas
rauscht durch uns beide:
der Welt erste
der letzten
Schwingen,
mir wächst
das Fell zu überm
gewittrigen
Mund,
du
kommst nicht
zu
dir.
SCHNEEPART (1971)
UNLESBARKEIT dieser
Welt. Alles doppelt.
Die starken Uhren
geben der Spaltstunde recht,
heiser.
Du, in dein Tiefstes geklemmt,
entsteigst dir
für immer.
WAS NÄHT
an dieser Stimme? Woran
näht diese
Stimme
diesseits, jenseits?
Die Abgründe sind
eingeschworen auf Weiß, ihnen
entstieg
die Schneenadel,
schluck sie,
du ordnest die Welt,
das zählt
soviel wie neun Namen,
auf Knien genannt,
Tumuli, Tumuli,
du
hügelst hinweg, lebendig,
komm
in den Kuß,
ein Flossenschlag,
stet,
lichtet die Buchten,
du gehst
vor Anker, dein Schatten
streift dich ab im Gebüsch,
Ankunft,
Abkunft,
ein Käfer erkennt dich,
ihr steht euch
bevor,
Raupen
spinnen euch ein,
die Große
Kugel
gewährt euch den Durchzug,
bald
knüpft das Blatt seine Ader an deine,
Funken
müssen hindurch,
eine Atemnot lang,
es steht dir ein Baum zu, ein Tag,
er entziffert die Zahl,
ein Wort, mit all seinem Grün,
geht in sich, verpflanzt sich,
folg ihm

DIE NACHZUSTOTTERNDE WELT,
bei der ich zu Gast
gewesen sein werde, ein Name,
herabgeschwitzt von der Mauer,
an der eine Wunde hochleckt.
MIT DIR DOCKE kungeln, es kommt
der Lumpenkarren daher-
gejazzt, mit uns
wills dahin,
die gestopfte
Trompete
haucht uns zeitauf,
ins härteste
Ohr dieser Welt,
auch so
klemmts uns Rot-
holzige zwischen
Zulieb und Zuleid,
dann,
wenn es uns loshakt,
sackst du mir mitten
ins Sein.
DU DURCHKLAFTERST
Farbenstoß, Zahlwurf, Verkenntnis,
viele
sagen:
du bists, wir verwissens,
viele verneinen sich an dir,
der du sie dir einzeln
erjast,
aufständisch wie
der dem Handgesagten geschenkte
Steinmut,
der sich hinhob zur Welt
am Saum des gewendeten Schweigens
und aller Gefahr.
DAS IM-OHRGERÄT treibt eine Blüte,
du bist ihr Jahr, dich beredet
die Welt ohne Zunge,
das weiß
jeder sechste.
MIT REBMESSERN, bei
Gebethub,
alle Marssegel spleißen,
herkämpfend, stehend, hinter
der Wimper, im Ölrock,
von Güssen gesalbt,
den Kalmengürtel schnüren
um deine Ulkspake, Beiboot
Welt.
ZEITGEHÖFT (1976)
AN DIE HALTLOSIGKEITEN
sich schmiegen:
es schnippen
zwei Finger im Abgrund, in den
Sudelheften
rauscht Welt auf, es kommt
auf dich an.
ICH LOTSE DICH hinter die Welt,
da bist du bei dir, unbeirrbar,
heiter
vermessen die Stare den Tod,
das Schilf winkt dem Stein ab, du hast
alles
für heut abend.
EIN RING, ZUM BOGENSPANNEN,
nachgeschickt einem Wortschwarm,
der wegstürzt hinter die Welt,
mit den Staren,
Pfeilige, wenn du mir zuschwirrst,
weiß ich, woher,
vergeß ich, woher.
KOMM, leg die Welt aus mit dir,
komm, laß mich euch zuschütten mit
allem Meinen,
Eins mit dir bin ich,
uns zu erbeuten,
auch jetzt.
DIE WELT, Welt,
in allen Fürzen gerecht,
ich, ich,
bei dir, dir, Kahl-
geschorne.
Aus dem Nachlass
O Blau der Welt, o Blau, das du mir vorsprachst!
Ich leg mein Herz mit Spiegeln aus. Ein Volk von Folien
steht deinen Lippen zu Gebot: du sprichtst, du schaust, du hersschest.
Dein Reich liegt offen, überglänzt von dir.
Doch dunkelts dir, doch weicht die blaue,
die Schwester Welt aus deiner Worte Mitte,
so leg den Riegel vor das Tor der Weite:
verhülln will ich die Scherben an der Herzwand –
In dieser Kammer bleibt dein Gehn ein Kommen.

Schreib dich nicht
zwischen die Welten,
komm auf gegen
der bedeutungen Vielfalt,
vertrau der Tränenspur
und lerne leben.
of:
Schreib dich nicht
zwischen die Welten,
am Rand der Tränenspur lerne
leben.
Streu mich nicht über mich selbst,
in mir
hast du dein Innen,
das schlägt dir die Welt auf,
den Landkartentrumpf,
dem du gross beigibst,
um der Deinen
willen.
Sie haben dich alle gelesen, jetzt tinten
sie dran,
jetzt schröpfen sie ihr
Feme-Pardon, bei Neonruch,
und zerstäubens:
das nennen sie Welt,
davon
galgts in den Happening-Harfen,
Schaufenster munkeln,
Zufälle kunkeln –
welch ein Reim, gassatim.
jetzt kann der Reimlose hoch
hinaufstehen
in sich.
Alles und nichts
füllt nichts und alles,
draussen, inmitten,
verlässt der Herr seine Leere,
erkenns.
GLANZLOSER, ganz
nach innen genommener Blick:
Der Doppel-
schatten, der ich einst war,
er tritt
auseinander, das
Nachtspalier ragt – geht jetzt,
Wort, das zu lanf bei der Welt war, rolle
hinaus –
Mit dem Aug eines Kindes, mit
dem Aug seiner Mutter
find ich mein zweites,
mein erstes
Fenster.
SPRÜCHLEIN-DEUTSCH:
entdinglichte Welt, er-
fürchtet, erwirklicht,
Konstanze, heute,
wäre ein Tag,
Dora Dymant, heute,
ein Leben..
