Fr. Cheng over de schoonheid van de ziel (2)

Sie erinnern sich vielleicht an diese Sätze der Priorin Blanche in den Gesprächen der Karmelitinnen von Georges Bernanos: «Wir weihen unser Leben dem Bemühen, diese Einfachheit der Seele zu erlangen oder sie wiederzufinden, wenn wir sie zuvor gekannt haben, denn sie ist eine Gabe der Kindheit, die die Kindheit meistens nicht überlebt… Man muss sehr lange leiden, um dorthin zurückzukehren, so wie man ganz am Ende der Nacht eine neue Morgenröte vorfindet… » Habe ich im Laufe meines langen Lebens genügend gelitten? Ein Urteil darüber steht mir nicht zu, aber tatsächlich kommt es manchmal vor, dass ich dieses kosmische Gefühl meiner Kindheit wiederfinde.

So wie der Mond die Gezeiten aufwirft, zieht mich vor dem Hintergrund der Unendlichkeit die Milchstraße mit all ihrer leiblichen Anwesenheit wie ein Magnet an. Alles um mich herum, die in Unruhe versetzten Pflanzen und Tiere sind von demselben Überschwang, hier zu sein, erfasst, von demselben Bestreben zu wachsen, sich zu entfalten. Ein rhythmischer Hauch verbindet das Ganze in einem gemeinsamen Pulsschlag. Nichts trennt die Winzigen von den Riesigen: Die wirbelnden Glühwürmchen sind im Einklang mit den Sternschnuppen. Ich begreife, dass sich etwas Gewaltiges ereignet hat, dass ein ungeheurer Prozess im Gange ist. Ich durchlebe dann noch einmal diese ganz besondeeren, schon in meiner Kindheit gelebten Momente, aber in der Zwischenzeit habe ich gelernt, dass das den Namen WEG trägt und dass innerhalb dieses WEGES alle Leben immer ein Leben-Können und zugleich ein Leben-Wollen ist. Noch später lernte ich dann, anhand meiner vom Gedächtnis wiederhergestellten glücklichen oder schmerzlichen Erfahrung, dass die Menschen über die instinktive Stufe des Leben-Wollens hinaus ein höheres Wollen erleben, das Begehren zu sein, das sie dazu bewegt, sich auf das UR-BEGEHREN zurückzubesinnen, dem das Universum sein Erscheinen verdankt. Dieses Seinsbegehren nährt sich von allem, worauf unser Bestreben gründet: dem nicht unterdrückbaren Bedürfnis nach Empfinden, Fühlen, Empfangen, Schenken und Einssein, die in Wirklichkeit ein einziges Wort zu umfassen vermag: Liebe – sie hat die Gabe, uns in einen Prozess der Wandlung und der Verklärung mitzunehmen.

Ich habe gerade die Mondnächte erwähnt, in denen das Universum mit seinem blendenden Licht meine Kindheit bezauberte und sie aufrief, seine leibliche Anwesenheit dem grenzenlosen BEGEHREN einzugliedern. Wie konnte ich andere Mondnächte vergessen, die ich in jenen anfänglichen Jahren – Initiationsjahren – erlebte, als meine Seele noch andere unauslöschlich Prägungen empfing, die endgültig zu ihrer spezifischen Besonderheit beitrugen.

 

bron: Cheng, François, Über die Schönheit der Seele. Sieben Briefe an eine wiedergefundene Freundin, München 2018, (C.H. Beck), pag 29-30

 

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