
Gennadij Ajgi, Beginn der Lichtung. Gedichte. Herausgegeben und aus dem Russischen übertragen von Karl Dedecius, Frankfurt am Main 1992, (Suhrkamp)
ENDE
kahl wie kohle: es gibt existiert
kein gespräch keine gegenseitigkeit nur das schreien
in der uns gegebenen leere
die nur zwei lebenszeichen kennt
den schrei und den schreier
und sollte auch hier alles enden
dann sei es ein fernes ein einfaches ende
oder wie scheiben der alten freudlosen fenster
oder wie eine nachgedunkelte wand
eines kleinen hauses
ende der leere beginn
der zuflucht und des verstecks
und der weg des schreis ist bekannt:
der mensch verliert sich im ursprung
langsam verödend
und dann zusammenfließend mit der stille
so gehe der schrei bis ans ende der leere
durch funkelnde teilchen der luft
ohne sich an sie zu klammern
seine ganzheit wahrend
nach dem recht der besonderen marter
und er halte an
an den scheiben der fremden fenster
bleibe davor wie seine spiegelung haften und dröhne
bis sie ihn übertonen
die antwortschreie von innen
NACHT DES ERSTEN SCHNEES
nacht des ersten schnees wenn die schneebedeckten
telegrafenpfosten
sich scheinbar ein wenig vom weg entfernt
und ihre kolonne verloren haben
und jeder von ihnen
anführt
und die weißen streifen des schlagbaums
sich den schneeweißen
schwellen der gleise nähern welche
die horizontale verletzen
und etwas in der vertrauten gegend
an die unbekannte weite erinnert
und der linkisch gesetzte zaun am landhaus des dichters
an die umzäunung vor deinem fernen haus
aus deren dürre der tod der baume
unseres immergleichen lebens starrt
und das solange wir leben
sogar an die ewigkeit mahnen könnte
nacht des ersten schnees wenn
du nicht etwa glücklich nicht leicht sondern einfach frei bist
wie das nur möglich ist in der kindheit
und nur vor dem tode
und du bist frei weil du nicht einmal
deinen glauben verantworten mußt:
er lebt bereits außerhalb von dir sein eigenes leben
dort wo die weite anders begriffen wird
wie der vom schnee erhellte platz im landhaus
hinter den fensterscheiben
wo von dem starken licht am morgen
die schwache an sich begriffene frau
zu dir gehört weil sie dein glaube ist
der nicht mehr von dir abhängt

HIER
wie ein dickicht im wald ist die von uns erwählte
art der schlupfwinkel
worin sich die menschen verbergen
das leben floh wie der weg in den wald nach innen
und die vokabel hier
scheint mir jetzt seine hieroglyphe
und sie bedeutet erde wie himmel
und das was im schatten ist
und das was wir mit den eigenen augen sehen
und das was ich in gedichten nicht mitteilen kann
und die auflösung der unsterblichkeit
ist nicht mehr als die auflösung
eines von kalter nacht beleuchteten strauches –
der weißen zweige über dem schnee
der schwarzen schatten auf dem schnee
hier antworten alle einer dem andern
in einer ursprünglich-hohen sprache
so wie ein lebensteilchen
dem unzerstörbaren teilchen daneben antwortet
hier im verstummten garten
an den gebrochenen zweigen
suchen wir nicht nach häßlichen klumpen harz
die aussehen wie die leidgeprüften gestalten
die den gekreuzigten an dem abend des unglücks umarmen
und wir kennen kein wort and kein zeichen
von denen das eine höher wär als das andre
hier leben wir und hier sind wir herrlich
und hier verstummend beschämen wir die wirklichkeit
und ist auch der abschied von ihr hart
so steckt sogar darin leben –
wie eine aus sich selbst
uns nicht hörbare kunde
und abgerückt van uns
wie das spiegelbild eines strauches im wasser
bleibt sie daneben
um später unsere platze
einzunehmen
damit die räume der menschen
nur lebensräume ersetzen
für ewig
ABFAHRT
vergessen werden zwiste,
abreisen, briefe.
wir werden sterben, und bleiben wird
das heimweh der menschen
nach einer kaum empfundenen spur
einer welle, die ihre träume,
ihre müdigkeit, ihr gehör
verlassen hat.
nach einer spur dessen,
das irgendwann
wir hieß.
wozu also das leben,
die menschen, dich, mich anklagen,
wenn wir uns
gegenseitig als eine welle
verlassen werden,
wenn weder schnee noch schienen, nur musik
die räume messen wird
zwischen unseren gräbern.
SCHNEE
Vom nahen schnee
sind die blumen am fensterbrett seltsam.
Lächle mir wenigstens dafür,
daß ich die worte, die ich nie verstehen werde,
nicht sage.
Alles, was ich dir sagen kann, ist:
stuhl, schnee, wimpern, lampe.
Und meine hände
sind einfach und entlegen,
und die fensterrahmen
sind wie aus weißem papier geschnitten,
und hinter ihnen, dort
bei den laternen,
wirbelt der schnee
seit unserer kindheit.
Und er wird weiter wirbeln, solange man hier
deiner gedenken und mit dir sprechen wird.
Irgendwann hatte ich diese weißen flocken
wirklich gesehen,
hatte die augen geschlossen,
nun kann ich sie nicht mehr öffnen,
und nun wirbeln die weißen funken,
die ich
nicht anhalten kann.

RUHE
Wie
durch blutige zweige
dringst du ins helle.
Hier ähneln sogar die träume
dem netzwerk der sehnen.
Da ist nichts zu machen, wir irdischen
spielen menschsein.
Und dort –
das obdach der wolken,
und die trennwände
van gottes träumen,
und unsere ruhe, van uns gestört,
dadurch, daß wir sie irgendwo auf dem grund
sichtbar und hörbar
machten.
Und so reden wir hier mit stimmen,
sind sichtbar weil wir schattierungen besitzen,
doch unsere eigentliche stimme
hört niemand,
und reinste blume geworden,
erkennen wir einander nicht.
TOD
Ohne ihr kopftuch abzulegen
stirbt mutter,
und das einzige mal
weine ich bei dem kläglichen anblick
ihres selbstgewebten kleides.
Oh, wie still ist der schnee,
wie von flügeln des gestrigen dämons
geebnet,
oh, wie hoch sind die schneewehen,
als lagen darunter –
berge van heidnischen
opfergaben.
Und die schneeflocken
tragen und tragen ununterbrochen zur erde
die hieroglyphen gottes …

Beste John,
Jammer dat ik het niet wist, ik had je anders enkele Nederlandse vertalingen kunnen sturen van Gennadi Ajgi die ik nog persoonlijk heb gekend (ontmoet op poetry in Rotterdam) en die mij zijn zilverkleurige poëziebundel cadeau heeft gedaan gesigneerd âEen zilveren boek voor een gouden vriendâ . Zowel hij als zijn vrouw, Germaniste waren erg enthousiast over mijn poëzie. Zie hieronder.
Groetjes
Germain
âDear Germain, dear friend!
We read your book âPalpable absenceâ which we received by post and Galina reads me from it. It pleases both of us very much. Thank you for the list of your publications, an impressive work! With best wishesâ
âI love your poems so much, that I would love to translate some of them for a magazine. May I? In the future, Gennadij and me will try to publish a book of you in Russian language. What do you think about this? Most cordiallyâ
Galina Ajgi, e.-ail 1.2.2005
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Germain – dat kan altijd nog
veel groeten
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