Benyoëts, Elazar, Die Eselin Bileams und Kohelets Hund, München 2007 (Carl Hanser Verlag)
Herrscher der Sprache geworden, konnte sich der Mensch als Schöpfer aus dem Nichts betrachten und begreifen. Alles was er sprach, hatte seine Wirkung und blieb nicht ohne Folgen.
p. 12
Zwischen Ding und Wort gefangen,
kann man sich nur herausreden
p.12
Auf der ersten Seite stellt man sich vor,
mit dem ersten Satz ist schon alles geschehen;
dem ersten Satz geht das ganze Buch voraus
p.13
Auch der Schöpfung gingen Welten voraus, und dem Wort, das im Anfang war, eine ganze Sprache, für die es kein Gehör gegeben hat.
Ursprung ist der ausgedachte Anfang. Auch für einen Urknall muss es ein Gehör gegeben haben. Stimmigkeit ist immer gehörig. Es muss stimmen, was wahr werden soll, nicht, weil das Wort im Anfang war, sondern weil Gott gesprochen hat.
Das Wort ist schon die Vollendung einer Sprache. Im Anfang war das Wort und kein Anfang.
p. 13
Wir können alles wissen, doch nicht von Anfang an, Das ist die Lehre von der Schöpfung, vom ausbleibenden Anfang.
p. 13
Die Sprache, in der wir uns verständigen, verändert sich von Wort zu Wort, auch der Logos ist heute ein anderer. Kein Sinn hält uns fest, da uns jedes Wort etwas bedeutet oder nicht.
p. 15
Ohne Sinn ist alles von Bedeutung; vielsagend ist nur das Versprechen. Was leicht über den Lippen geht, hat sein Gewicht verloren. AllesTreffliche geht nicht darüber hinaus. Das leben ist ein langes Weil, man begründet sich
Sinn hat,
was Sinn verträgt
p. 16
Den Rahmen sprengen
und im Bilde bleiben,
vermag ein Gedanke
nur mit einem Satz
Mag Gott auch das Wort sein
im Anfang und am Ende,
hinter einem Satz
steht ein ganzer Mensch
p. 20
Was wir sagen, hat immer Bedeutung,
das Sinnlose ist im Tun und Lassen.
p. 28
Am gerahmten Bild arbeitet man nicht weiter, man lässt es hängen. Das Bild ist endgültig; endlos wird es durch Interpretation
p. 29
Das dunkle Buch,
auf seinen Wald zurückgeblättert
p. 34
Komme ich zur Sache, bin ich sie nicht gewesen
“Durch mein Dasein bin ich nicht mehr als
eine leere Stelle,
ein Umriss, des aus dem Sein überhaupt ausgespart ist.
Damit aber ist die Pflicht und Aufgabe gegeben,,
diese leere Stelle auszufüllen.
Das ist mein Leben.”
Georg Simmel
p. 34
Sein – in Erwartung
Bis in die Wortwurzel hinein verlegen; verbindlich bis dort hinaus; des Wartens satt, der Erwartung voll.
p. 34
Der vom Glauben versetzte Berg
wird nicht mehr bestiegen
p. 35
“…lass mich erkennen das Walten deiner Hand in meinem misslingen”
Rabindranath Tagore
p. 35
Wie kommt es, dass ich meine Worte noch ernst,
so magisch ernst nehmen mag
Das Wort tritt seinen Sinn wie eine Reise an
p. 36
Kein Gedanke, der nicht mit seiner Fragwürdigkeit
verwachsen wäre
Meine Nichtigkeit is überheblich,
meine Wenigkeit wird immer mehr
p. 36
Das Nein ist die Macht, das Ja die grosse Leistung
Man weiss nie, wie heilsam oder gefährlich die eigenen Worte sind. Es gibt in jedem Werk ein Wort, das Gott dem Schreiber in den Mund gelegt oder im Schlaf gegeben hat. Es ist das Schlüsselwort zu einer nicht ins Schloss fallenden Tür
p. 36-37
Gott lenkt mich auf den Gedanken hin,
in dem ich heute aufgehen soll und in den
ich morgen eingehen werde
“Kein Weihrauch kann aus irdischen Steinen
heilige machen;
das kann nur unser Gedanke.”
Heymann Steinthal
p. 37
Das Schweigen öffnet uns die Ohren
für alles in die Leere gesprochene
Ich spreche von Gott, weil ich glaube, es tun zu können,
aber warum glaube ich das, und was hat dies
mit dem Glauben zu tun.
Mein Glaube hat mit mir zu tun und nicht mit Gott.
Warum spreche ich dann von Gott und nicht von mir.
Was sagte ich aber, spräche ich von meinem Glauben oder von mir.
p. 37
Suchst du die Weite, findest du alles zu eng
Schränke nicht ein, schliesse nicht aus, setze nicht in
Klammern. Was immer du feststellst, es bleibt dich nicht
stehen. Setze nichts voraus, setze dich ein, und schau,
dass du nach Hause kommst, wenn du gesprochen hast
p. 38
“Das Wunschbild sieht immer nur eine Ecke –
‘ein günstiges Fragment’ der Dinge.
Wer alles sieht, wünscht nichts und zieht vor,
sich nicht zu rühren.”
Paul Valéry
p. 39
Darüber hinaus, das ist auch an uns vorbei
p. 39
Das Sagen hat, wer zu bestimmen weiss.
Gott hat das erste Wort, das letzte der Dichter
p. 41
Dichter haben nicht Recht zu behalten
Was sie Schaffen, muss gnadenlos geschaffen sein
Man Schenke reinen Wein und scheue nicht das Licht:
Es muss nicht sein! Das gibt es nicht!
“Kein Ding sei, wo das Wort gebricht”
Stefan George
p. 42
Je weiter zurück man blickt, desto mehr Zukunft entdeckt man
Was wäre es leichter auf Distanz zu betrachten
als das Jenseits,
und doch ist es mit brennenden Interessen verbunden
Schwer ist es, sich selbst zu Ende zu führen
p. 45
Was in der Zukunft liegt, liegt nicht für uns bereit
“Von keinem Manne und keinem Ereignis kann je ein Mensch den Sinn aussagen. Denn immer noch ist Zukunft vor uns und ursacht in unsere Stunden herein, und sind wir morgen klüger als heute, so werden wir dich auch morgen heute sagen und abermals nicht klüger sein.”
Joseph Bernhart
p. 45
Man kann sich die Zukunft vorstellen,
sich aber nicht in ihr.
Das macht die Blutarmut von Utopien aus
Das ewige Leben –
das weit hinter uns
liegende Paradies
Gedanken über Gott führen weiter,
wenn auch nirgendwohin
Gott sagte nicht: “Es werde Welt!”
So kam es zur Schöpfung
Was uns Glaube ist, ist auch bei Gott nicht Wissen
“Ein Wissen, das kaum schon Atmen ist”
Alfred Mombert
Gehorsam kennt kein Müssen
Folgt man dem Gebot, gelangt man beim Gebieter an;
hat man seinen Glauben, hat man seinen Meister;
hat man seinen Zweifel, hat man seinen Gott.
Wenn das Wort sich erfüllt, ist das Gebot wieder voll
Gottes Auge ist ganz Ohr
Dem Hebräer ist der Name Gottes ein Minenfeld
Judentum – das Wellenspiel der Wüste
p. 47
Gott hat das erste Wort, der in mir Betende das letzte
p. 47
Gott kann nur vorgebetet werden
Gott bekommt man nicht zu sehen, nur zu spüren
“Nur verschrumpfte Gebete gelingen”
Ferdinand Hardekopf
Beten, das heisst schon über Gott nachgedacht
Not lehrt beten, nicht Glauben.
Das Beten für sich bestätigt den Glauben an sich
“Dein Wille geschehe” – ein letztwilliges Wort,
vor- und nachgebetet
Das Gebet, von der Not mit Lippen versehen,
ist die Evidenz Gottes
p. 48
Verliert man sein Gedächtnis,
hat man keine Verluste mehr zu buchen
p. 51
Alles lässt sich auch in Klammern denken, ausser Gott
Der eingeklammerte Gott – der ausgeschlossene Mensch
Glauben, mit sich selbst herausrücken
Zwischen Gott und mir stehe ich zu Gott
Steht mir Gott im Weg, lege ich den Weg zurück
Gott unter Beweis – wie unter Hausarrest
oder unter Denkmalschutz
Kein Weg zu Gott, der nicht durch dich und mich führte
Ich kann von Gott reden, aber nur,
weil er zu mir nicht spricht
Gott in Sicht und kein Land!
Noch geht es um den Glauben, noch kreist es nicht um Gott
Die Nähe Gottes war immer schmerzlich.
Der Glaube legte das Opfer dazwischen, der Zweifel die Distanz.
Nun eifern Glaube und Zweifel um die grösste Entfernung von Gott.
Dass wir Gott lieben sollen, ist schwer zu begreifen,
denn selbst an uns lieben wir das Sterbliche
p. 52
Das Wissen von Gott lieft weit zurück.
Wir wissen nur noch, was wir sagen
Gott erweist sich immer als Gott, das ist auch
der Gottesbeweis
p. 53
Alles Mehr taugt im Geringsten nicht
Auch das Neue Testament bleibt beim Alten
Ohne Verbindlichkeit keine Erlösung
Über unserer Erwartung nimmt der Kommende
seinen Anlauf
Kein Messias ohne Händel
p. 55