Poesie Poësie ….

Lied: Hachnisini

Hachnisini tachat knafech,
Vehe’i li em va’achot
Vahi chekech miklat roshi
Ken tfilota’i hanidachot.

Uv’et rachamim, bein hasmashot
Sachi ve’agal sod yissuray.
Omrim iesh ba’olam ne’urim
Eichan ne’uray?

Hachnisini…

Ve’od raz echad lach etvadeh
Nafshi nisrefah balehavah.
Omrim ahava iesh ba’olam,
Ma zot ahava?

Hachnisini…

Hakochavim rimu oti
Hayah chalom, ach gam hu avar.
‘ata ein li klum ba’olam,
en li davar.

Hachnisini…

H. N. Bialik


Admit me under your wing

Admit me under your wing,
Be a mother and a sister to me.
Will be, your womb, my head’s shelter,
My remote prayers’ nest.

And during mercy’s twilight time,
Talk, and I shall unveil my torments’ secret.
They say: there is Youth, in the world.
Where is my youth?

Admit me under…

I shall confess you another secret:
My soul burnt in the flame.
They say: there is Love in the world.
What is Love?

Admit me under…

The stars cheated me
There was a dream, now it’s gone.
Now I have nothing, in the world.
No Thing.

Admit me under…



ENGFÜHRUNG

*
VERBRACHT ins
Gelände
mit der untrüglichen Spur: 

Gras, auseinandergeschrieben. Die Steine, weiß,
mit den Schatten der Halme:
Lies nicht mehr – schau!
Schau nicht mehr – geh!

Geh, deine Stunde
hat keine Schwestern, du bist –
bist zuhause. Ein Rad, langsam,
rollt aus sich selber, die Speichen
klettern,
klettern auf schwärzlichem Feld, die Nacht
braucht keine Sterne, nirgends
fragt es nach dir.

*

Nirgends
fragt es nach dir

Der Ort, wo sie lagen, er hat
einen Namen – er hat
keinen. Sie lagen nicht dort. Etwas
lag zwischen ihnen. Sie
sahn nicht hindurch.

Sahn nicht, nein,
redeten von
Worten. Keines
erwachte, der
Schlaf
kam über sie.

*

Kam, kam. Nirgends
fragt es –

Ich bins, ich,
ich lag zwischen euch, ich war
offen, war
hörbar, ich tickte euch zu, euer Atem
gehorchte, ich
bin es noch immer, ihr
schlaft ja.

*

Bin es noch immer –

Jahre.
Jahre, Jahre, ein Finger
tastet hinab und hinan, tastet
umher:
Nahtstellen, fühlbar, hier
klafft es weit auseinander, hier
wuchs es wieder zusammen – wer
deckte es zu?

*

Deckte es
zu – wer ?

Kam, kam.
Kam ein Wort, kam,
kam durch die Nacht,
wollt leuchten, wollt leuchten.

Asche.
Asche. Asche.
Nacht.
Nacht-und-Nacht. – Zum
Aug geh, zum feuchten.

*

Zum
Aug geh,
zum feuchten –

Orkane.
Orkane, von je,
Partikelgestöber, das andre,
du
weißts ja, wir lasens im Buche, war
Meinung.

War, war
Meinung. Wie
faßten wir uns
an – an mit
diesen
Händen?

Es stand auch geschrieben, daß.
Wo? Wir
taten ein Schweigen darüber,
giftgestillt, groß,
ein
grünes
Schweigen, ein Kelchblatt, es
hing ein Gedanke an Pflanzliches dran –
grün, ja,
hing, ja,
unter hämischem
Himmel.

An, ja,
Pflanzliches.

Ja.
Orkane, Par-
tikelgestöber, es blieb
Zeit, blieb,
es beim Stein zu versuchen – er
war gastlich, er
fiel nicht ins Wort. Wie
gut wir es hatten:

Körnig,
körnig und faserig. Stengelig,
dicht;
traubig und strahlig; nierig,
plattig und
klumpig; locker, ver-
ästelt -: er, es
fiel nicht ins Wort, es
sprach,
sprach gerne zu tockenen Augen, eh es sie schloß.

Sprach, sprach,
War, war.
Wir

ließen nicht locker, standen
inmitten, ein
Porenbau, und
es kam.

Kam auf uns zu, kam
hindurch, flickte
unsichtbar, flickte
an der letzten Membran,
und
die Welt, ein Tausendkristall,
schoß an, schoß an.

*

Schoß an, schoß an.
Dann –

Nächte, entmischt. Kreise,
grün oder blau, rote
Quadrate: die
Welt setzt ihr Innerstes ein
im Spiel mit den neuen
Stunden. – Kreise,
rot oder schwarz, helle
Quadrate, kein
Flugschatten,
kein
Meßtisch, keine
Rauchseele steigt und spielt mit.

*
Steigt und
spielt mit –

In der Eulenflucht, beim
versteinerten Aussatz,
bei
unsern geflohenen Händen, in
der jüngsten Verwerfung,
überm
Kugelfang an
der verschütteten Mauer:

sichtbar, aufs
neue: die
Rillen, die

Chöre, damals, die
Psalmen. Ho, ho-
sianna.

Also
stehen noch Tempel. Ein
Stern
hat wohl noch Licht.
Nichts,
nichts ist verloren.

Ho-
sianna.

In der Eulenflucht, hier,
die Gespräche, taggrau,
der Grundwasserspuren.

*
(- – taggrau,
der
Grundwasserspuren –

Verbracht
ins Gelände
mit
der untrüglichen
Spur:

Gras.
Gras,
auseinandergeschrieben.)

Paul Celan, uit: Sprachgitter


STRETTO

*

WEGGEVOERD naar het
terrein
met het onloochenbare spoor:

gras, uiteengeschreven. De stenen, wit,
met de schaduw van de halmen:
lees niet meer —kijk!
Kijk niet meer —loop!

Loop, je uur
heeft geen naasten, je bent—
bent thuis. Een wiel, langzaam,
wentelt vanzelf, de spaken
klimmen,
klimmen op zwartgrijze grond, de nacht
hoeft geen sterren, nergens
vraagt men naar jou.

*

Nergens
vraagt men naar jou—

De plek waar ze lagen, ze heeft
een naam—ze heeft
er geen. Ze lagen er niet. Iets
lag tussen hen. Ze
doorzagen het niet.

Zagen niet, nee,
praatten van
woorden. Er werd er geen
wakker, de
slaap
kwam over hen.

*
Kwam, kwam. Nergens
vraagt men—

Ik ben het, ik,
ik lag tussen jullie, ik was
open, was
hoorbaar, ik tikte jullie toe, jullie adem
gehoorzaamde, ik
ben het nog steeds, nu
jullie slapen.

*

Ben het nog steeds—

Jaren.
Jaren, jaren, een vinger
tast lager en nader, tast
in het rond:
naden, voelbaar, hier
splijt het wijd uiteen, hier
groeide het weer dicht — wie
dekte het toe?

*

Dekte het
toe —wie?

Kwam, kwam.
Er kwam een woord, het kwam,
kwam, door de nacht,
wilde stralen, wilde stralen.

As.
As, as.
Nacht.
Nacht-en-nacht.—Ja, ga
naar het oog en zijn tranen.

*
Naar het
oog ga,
en zijn tranen—

Orkanen.
Orkanen, altijd al,
stuivende partikels, al het andere—
jij
weet dat, we
lazen het in het boek—was
opinie.

Was, was
opinie. Hoe
grepen we elkaar
vast — vast met
deze
handen?

Er stond ook geschreven dat.
Waar? Wij
deden er het zwijgen toe,
gifgelest, groot
een
groen
zwijgen, een kelkblad, er
hing een gedachte aan planten aan—
groen, ja
hing, ja,
onder een slinkse
hemel.

Aan, ja,
aan planten.
Ja.
Orkanen, stuivende par-
tikles, er restte
tijd, er restte
het bij de steen te proberen – hij
was gastvrij, hij
viel niet in de rede. Wat
hadden wij het goed:

korrelig,
korrelig en vezelig. Stengelig,
dicht;
tros- en straalvormig; nier-en
plaatvormig en
klonterig; bros, ver-
takt-:hij, het
viel niet in de rede, het
sprak,
sprak graag tot droge ogen voor het ze sloot.

Sprak, sprak.
Was, was.

Wij
gaven niet op, stonden
er middenin, een
sponzig bouwwerk, en
het kwam.

Kwam op ons af, kwam
erdoor, lapte
onzichtbaar, lapte
de laatste membraan,
en
de wereld, een duizendkristal,
schoot, schoot voor de dag.

*

Schoot, schoot voor de dag.
Toen—

Nachten, ontmengd. Cirkels,
groen of blauw, rode
kwadraten: de
wereld zet haar binnenste in
in het spel met de nieuwe
uren.—Cirkels,
rood of zwart, lichte
kwadraten, geen
vluchtschaduw,
geen
meettafel, geen
rookziel stijgt en speelt mee.

*

Stijgt en
speelt mee—

In de uilenvlucht, bij de
versteende schurft,
bij
onze gevlogen handen, in de
jongste verwerping,
boven de
kogelvanger op
de bedolven muur:

zichtbaar, op-
nieuw: de
groeven, de
koren, destijds, de
psalmen. Ho, ho-
sanna.

Dus
staan er nog tempels. Licht een
ster
nog steeds op.
Niets,
niets is verloren.

Ho-
sanna.

In de uilenvlucht, hier,
de gesprekken, daggrauw,
van de grondwatersporen.

*

(——daggrauw,
van de
grondwatersporen—

Weggevoerd
naar het terrein
met
heet onloochenbare
spoor:

gras.
Gras,
uiteengeschreven.)

(vertaling: Ton Naaijkens)



Kerstin Preiwuss, Gespür für Licht. Berlin 2016 (Berlin Verlag)

Angst tastet die Wand ab hinter der ich sitze.
Draussen fällt Regen.
Messbares Kichern der Nymphen.
Oder der Sirenen.
Höre ich sie weil ich innen selig bin?
Das glaube ich nicht.
Was unentwegt klingt sind Wörter.
Wund von innen nach auBen gekrümmt
liegt’s Brustbein offen
Risse in den Bäumen
mit Borke überzogene Knochen.
Sieh mich an.
Sieh mich an bis zum Grund.
Du kannst mich einsehen bis zum Grund
bloss hab ein Einsehen mit mir.
Niemand der es verdient nicht geborgen zu sein.


Das schöne Fräulein hat gesagt
ich fiel aus einem Bett aus Schnee.
Ein Windbruch in den Hölzern bin ich.
Von einer Klinge spring ich.
So zieh ich in den Hartmonat ein.
Mein Vater nimmt mich an die Riesenhand.
Noch jagt er Zo bel für mein erstes Gewand.
Das scheint mir sternenklar und gänzlich unerweicht.


Vor deinem Frost Väterchen
zieh ich ein Nothemd auf die Haut
das hält an meinen Kielen an.
Und ist es so dass es kein Nothemd gibt
trag ich als letztes Anstandskleid
diesen Leib ins Gefrorene ein.
Doch der Leib ist nicht stichfest ist Kind seiner Zeit.
An Schneespuren arm
und baumunter der Sonne an Land.


Das ist der Winter.
Jeder Baum ein Schneegesteck.
Jeder Ast eine Korallenhand.
Ein Blatt wie ein Löwenkopf
dreht sich leicht urn ein Vogelnest.
Der Löwe lauert seinem Sternbild auf.
Ein Ast fährt die Krallen aus.
Schnee liegt auf allem.
Wind geht durch die Korallen.


Ich bin ihn mir ansehen gegangen den Tod.
Ich bin zu ihm hingegangen zum Tod.
Wir schlafen wie Hasen mit offenen Augen.
Wir schlafen wie Hasen in den Augen ein Warten.
Wir schlaf en wie Hasen in den Augen ein
Warten auf den Tod.


Ich habe einen Winter erlebt wie er zuletzt
neunzehnhunderteinundfünfzig vorkam.
Der düsterste Winter seit Menschengedenken.
So wenig Licht war nie in einundsechzig Jahren.
Neunzehnhundertsiebzig war es auch sehr dunkel
aber nicht so wie in diesem Jahr.
Auffällig war sein pünktlicher Beginn
am ersten Dezember.
Dann milderte er sich ab und kam zum zwölften
Januar mit geschlossener Schneedecke zurück.


Wasserweib nur Meerschaum weiss davon.
Woher ich komm.
Wohin ich ging.
Vorhin war ich noch viel zu schwer.
Jetzt bekleidet mich das Meer.


Enge treibt mich
Wehe bin ich
hab noch nichts zur Welt gebracht
brüllt es durch mich.
Schaut wie wenig das ist.
Das geht mir durch und durch
Wehen bin ich da.
Kann nicht mehr.
Immer noch eng der Kanal.
Verformt mir’s Ah.
Laut schnellt es aus dem Sinn.
Danach knacken die Knochen.
Danach weht Wind.
Danach schmutziges Kind.
Danach blauer Hirnrnel.


Schwebteilchen aus der Luft gerissene
Federn sinken den Schnäbeln hinterher.
Das Gras ist Schwellenland.
Kaum trittfest gräbst du Erde um
bettest sie in deinen Mund
ein irdenes Gefäss nahezu.
Höhle dem Nestling.
Schutzraum vor kommender Kühle.
Das ist nicht ausdrückbar.
Und ist der Ort wo wir leben.


Höre
etwas häutet sich und steigt.
Nach und nach legt es sich.
Ich flüstere es mir zu
dann sag ich’s laut.
Luft steigt immer empor.
Erst ist sie wund dann Wind.
Höre
da ist eine Brache in mir
aber das bedeutet nur
ich hab mir gebrochen
was wieder heilen wird.
Das ist fast ein Lied.
Höre
ich weiss dass ich in die Luft gehen kann
wie eine Blutspur im Schnee.
Wenn es taut tut es nicht weh.
Höre
alle Welt sagt noch geht der Wind.
Ebenso erhebt er sich.
Er legt sich auch nieder.
Die Sprache bekommt dann ein Kind.
Höre
was ich denke ist ein Weizenfeld
was ich fühle der Wind.
Ich bin ein Weizenfeld
durch das August geht
August und Wind.


Ich beobachte die Blätter heute.
Es werden immer weniger aber ich sehe sie nicht fallen.
Meine Gedanken sind vollkommen träge.
Es fallen nur die Blätter heute.
Mein stundenlanges Selbstgespräch
macht die Gedanken laut.
Versuche mal dich selbst nicht zu erleben.
Die Mondsichel sieht aus
als hätte jemand sie niedergeritten.
Das Licht kann einen in Stücke schneiden.


Wie eine Mutter kommt die Trauer zu Besuch
und fegt durch die Räume.
Durch das Fenster hört man Rufe von Kindern.
Es ist Zeit für den Schmerz.
Er ist am Anfang nur ein leises Ziehen.
Ein Widerhall inmitten der Lautlosigkeit.
Aber er erinnert mich ständig ans Fühlen


Aalmutter fang an dann rede ich.
Ich spreche nicht nützlich.
Ich sage zum Spindelgesicht
dein Auge sticht dreht sich nicht.
Ich habe kein Gespür für mich selbst
aber ein Gespür für Licht.
Ich bin ich auf der Welt.
Das zu sagen bedeutet nichts.
Lies mich Text webt der Knecht.
Spinne seilt sich ab.
Die Worte die ich denke hören mich vibrieren.
Ich sage Aalmutter fang an zu zittern.
Ich zitier dich dann.


Der Morgen dickt mein Blut zu einer Suppe aber kalt
tropft es durch den Leib
und kippt von einem Organ ins andere.
Ist doch schön in sich zu ruhn
lächeln die Harpyien verbissen.
Das Ohr an der Wand hör ich sie wimmern.
Luft die durchs Fenster zieht.


Mein Kopf eine Schale kein Haus
aber ich hause ja darin und kreise
mal links mal rechts ums Hirn u
nd bin stets ein Stück weiter als ich bin in Gedanken.
Das strengt an.
Würde gern so konsequent wie die Pflanzen wachsen
aber ich muss mir meine Intervalle selbst suchen
und sehe sie mir vorher alle an.
Das sind dann soundso viele Möglichkeiten
die man denkt
aber nicht gleichzeitig bedenken kann.
Wie der Zwang mir jede Idee vorzustellen
bereits in der Vorstellung alles vergehen lässt
weil jede Möglichkeit nur eine andere vertritt
und keine verwirklicht sich
und das Schöne erscheint dann nicht.


Die Windsbraut schläft in mir.
Ein schaukelndes Embryo in jeder Ohrmuschel.
Wie beruhigt mich dass sie sich bewegt.
Ich bin gut aufgehoben egal was in mir tobt.
Die Windsbraut hat sich in mein Ohr gelegt.
Übers Jahr ist es umgekehrt.
Der Wind schläft draussen mit mir.
Der Wind ist draussen.
Ich bin allein.
So klingt Verlassenheit.
Ich weiss dass das ein Mythos ist.
Was in mir tobt bin ich.


In den Baum fährt der Traum.
Geht von dort wieder fort.
Schweig still du ich will
in dein Salzgeäst
in mein Tiergebein.
Mein Brüderchen
mein Schwesterlein
das Echo lädt uns nirgends ein.


Ich mit dem Körper aus Winden
zog mir eine Umarmung in den Leib
als Mitgift auf Lebenszeit
Übrig geblieben sind Knochen
die in meinen Knochen stecken
Blut das mir durch die Kehle rinnt.
Jedes Wort irrt und erbricht.
Ich durchschaue das
doch das Licht verhält sich unbescheiden.
Das ist alles was geschieht.
In der Zeit die vergeht
beschläft mich der Wind
und ich schlucke
bis nichts mehr übrig
bleibt als darauf zu warten
dass alles endet und endlich beginnt.


Uit:
Preiwuss, Kerstin, Gespür für Licht. Berlin 2016 (Berlin Verlag)



Celan nagelaten gedichten

DER TOD

Für Yvan Goll |…|

Der Tod ist eine Blüme, die blüht ein einzig Mal.
Doch so er blüht, blüht nichts als er.
Er blüht, soblad er will, er blüht nicht in der Zeit.

Er kommt, ein grosser Falter, der schwanke Stengel schmückt.
Du lass mich sein ein Stengel, so stark, dass er ihn freut.


O Blau der Welt, o Blau, das du mir vorsprachst!
Ich leg mein Herz mit Spiegeln aus. Ein Volk von Folien
steht deinen Lippen zu Gebot: du sprichtst, du schaust, du hersschest.
Dein Reich liegt offen, überglänzt von dir.

Doch dunkelts dir, doch weicht die blaue,
die Schwester Welt aus deiner Worte Mitte,
so leg den Riegel vor das Tor der Weite:
verhülln will ich die Scherben an der Herzwand –
In dieser Kammer bleibt dein Gehn ein Kommen.


DER ANDERE

Tiefere Wunden als mir
schlug dir das Schweigen,
grössere Sterne
spinnen dich ein in das Netz ihrer Blicke,
weissere Asche
liegt auf dem Wort, dem du glaubtest.


Auch wir wollen sein,
wo die Zeit das Schwellenwort spricht,
das Tausendjahr jung aus dem Schnee steigt,
das wandernde Aug
ausruht im eignen Erstaunen
und Hütte und Stern
nachbarlich stehn in der Bläue,
als wäre der Weg schon durchmessen.


HELLIGKEIT

Schweres,
von Stillem geführt.

Im Licht
des auf-
erstandenen
Reiskorns.


ERZÄHLUNG

Einstmals, niemals, damals,
weisst du, da
sah ich das Wasser der Erde.
Die
Irdischwe, Seelen-
äugige sah ich,
damals:
in
der Träne, die hier vorbeischwamm,
sah ich sie
stehn.


Dies ist der Augenblick, da
die Werwölfe auf
der Strecke bleiben.
Kein Scherge mehr
lebt.

Der Mensch, wahr und allein,
geht aufrecht inmitten
der Menschen.


Schreib dich nicht
zwischen die Welten,

komm auf gegen
der bedeutungen Vielfalt,

vertrau der Tränenspur
und lerne leben.


of:

Schreib dich nicht
zwischen die Welten,

am Rand der Tränenspur lerne
leben.


Weihgüsse, zur Nacht,
aus der Tiefe gespaltener,
lehmiger Hände gespendet –

Unterm abgesonderten Licht:
der für immer entstiegene,
flüchtig aufscheinende
Gott,

dem ein Teil deiner Selbst
huldigen kommt
in der Pause.


Streu mich nicht über mich selbst,
in mir
hast du dein Innen,
das schlägt dir die Welt auf,
den Landkartentrumpf,
dem du gross beigibst,
um der Deinen
willen.


Sie haben dich alle gelesen, jetzt tinten
sie dran,
jetzt schröpfen sie ihr
Feme-Pardon, bei Neonruch,
und zerstäubens:
das nennen sie Welt,

davon
galgts in den Happening-Harfen,
Schaufenster munkeln,
Zufälle kunkeln –

welch ein Reim, gassatim.

jetzt kann der Reimlose hoch
hinaufstehen
in sich.

Alles und nichts
füllt nichts und alles,

draussen, inmitten,
verlässt der Herr seine Leere,
erkenns.


Wer steuert den Lichtstreifen an,
den der Turm, den du hältst, sich verschreibt?

Eine, die weiss, wie tief
dein Tod in sie hineinsteht.


Wühl dich ins Unzerwühlte,
hör den Schmerz darin sagen: ich
war nur ich
bin,
bin der Gewesne,

greif ihn dir wie eine Flocke,
heb ihn nicht auf,
lass ihn er sein,

sei dein eigner
hauchgetragener,
gegenwissender
Winter


Es geht,
was durch die Hände dir ging,
den Weg deiner Hände, den Nacht-,
den Schicksalsweg geht es.
Es geht seiner Wege.

Die Zeile, einmal
über ein Blat gehaucht, auf
schwimmendem Tisch:

Über Nacht, über Nacht, da werden,
da werden die Tage, da werden
die Tage
weiss.
Kola – Atem-
meere. Dorthin
taucht der Sinn, taucht der Uhrzeiger, zu
den Namen.
Auch unter
ditr, vom Maulwurf auf-
geworfene Erde, hat
das Herz eine Uhr.

Hauchschrift, Handschrift.
Der auf den Händen ging, die
er schrieben, er,
der die Nesselschrift las, der
weieterlas, der Un-
gelesene, Un-
verstandene, er
atmete, er
schrieb:
an die Atem-, die Ich-
Diebe.


Uit: Celan, Paul, Die Gedichten aus dem Nachlass, Herausgegeben von Bertrand Badiou, Jean-Claude Rambach und Barbare Wiedemann, Frankfurt am Main 1997, (Suhrkamp)