Gedicht – Chinees

Ai Qing, Schnee fällt auf Chinas Erde. Gedichte, Aus dem Chinesischen übertragen, kommentiert und mit einem Nachwort versehen von Susanne Hornfeck. Mit ein Vorwort von Weiwei, München 2021, (Penguin Verlag)



Ai Qing

Winterwald

Ich liebe es, durch den Winterwald zu gehen –
einen Winterwald ohne Sonnenlicht,
einen Winterwald, vom Wind trocken geblasen,
einen Winterwald, dem der Himmel Schnee verheisst.

Wie schön die Wintertage ohne Farbe und Glanz,
wie schön die Wintertage ohne das Lärmen der Vögel.
Glücklich der Mensch, der allein durch den Winterwald geht.
Ich werde wie ein Jäger herumpirschen,
doch ohne die Absicht zu jagen.

Februar 1939

Ai Qing


Herbst

Die Zeit der Nebel ist da –
unablässig streift der
Regen über abgeerntete Felder,
schwarz der auf gepflügte Lehm,
grün die aus verlorenen Körnern gesprossenen Triebe –
ein grosser, dunkler, wandelbarer Flickenteppich –
und der Besucher des tief en Herbstes, der unablässige Regen, streift darüber hin.
Die Menschen beginnen ihre Winterruhe
unter den niedrigen schwarzen Dächern.
Nur zwei braune Pferde mit regennassen Mähnen
gehen gemächlich dem Horizont entgegen
auf der Suche nach der Steppe letztem Grün.

Herbst 1939

Ai Qing


Herbstmorgen

Kühler, erfrischender Morgen,
die Sonne eben aufgegangen,
das Dorf so erbärmlich an diesem Morgen.

Ein kleiner Vogel mit weiss geränderten Augen
sitzt auf den schwarzen Ziegeln des niedrigen Hauses
und schaut gedankenverloren
nach den vielfarbigen Wolken,
die den hohen Himmel bedecken.

Es ist Herbst,
ein Jahr schon, dass ich aus dem Süden kam;
dieser Ort hat nicht den Atem der Tropen,
keine Palmen streben in den Himmel,
und mein Herz ist bereits voll unaussprechlicher Schwermut.

Aber heute, wo zu gehen ich mich anschicke,
fühlt mein Herzen dennoch Unruhe.
Chinesische Dörfer,
überall gleich ärmlich, schmutzig, düster,
und doch hänge ich an allen gleichermassen.

September 1939

Ai Qing



Schnee fällt auf Chinas Erde

Schnee fällt auf Chinas Erde,
Kälte riegelt China ab.
Wind
heftet sich wie eine verhärmte Alte
an die Fersen des Wanderers,
zerrt mit eisiger Klaue
an seinem Mantelkragen,
brabbelt unaufhörlich Worte,
alt wie die Erde, in sein Ohr.

Du, chinesischer Bauer,
vom Wald her lenkst du
deinen Pferdewagen,
mit einer Mütze aus Fell
trotzt du dem Schnee.
Wohin fährst du?
Ich sage dir:
Auch ich stamme von Bauern ah.
An euren
von Kummerfalten zerfurchten Gesichtern
kann ich ermessen,
wie hart das Leben in der Steppe
für die Menschen
Jahr für Jahr sein muss.

Doch-auch ich
bin nicht glücklicher als ihr.
Treibend im Strom der Zeit
haben mich die Wogen des Unheils
immer wieder überrollt und ausgespuckt.
Wanderjahre und Gefangenschaft,
damit habe ich die kostbarsten Tage
meiner Jugend verloren.
Mein Leben ist,
wie das eure,
ausgezehrt.

Schnee fällt auf Chinas Erde,
Kälte riegelt China ah

Den Fluss entlang gleitet in dieser Schneenacht
langsam ein schwacher Lichtschein.
Wer sitzt dort im schäbigen Boot
unterm schwarzen Segel
mit hängendem Kopf im Schein der Öllampe?

Ach du, junge Frau,
ungekämmt und ungewaschen,
wurde dir vielleicht
das Haus,
dein glückliches, warmes Nest,
niedergebrannt
vom grausamen Feind?
LieB er dich
in einer Nacht wie dieser,
des männlichen Schutzes’ beraubt,

it seinem spielerisch gezückten Bajonett
Todesangst spüren?

In einer eisigen Nacht wie dieser
kauern unzählige
alte Mütter
in Häuser, die nicht ihr Eigen sind,
wie Fremde,
die nicht wissen,
auf welchen Strassen
die Räder des neuen Tages rollen werden.
Und
Chinas Strassen,
sie sind holprig,
sie sind schlammig.

Schnee fällt auf Chinas Erde,
Kälte riegelt China ah.

Durch die Steppe in der Schneenacht,
durch das von Kriegsfeuern zernagte Land
ziehen in Scharen jene, die das Land bebauten
und jetzt ihr Vieh verloren
und jetzt ihrer fruchtbaren Felder verlustig gingen,
abgedrängt in die
hoffnungslosen, schmutzigen Seitengassen des Lebens,
während die darbende Erde
bettelnd zwei zitternde Arme
gegen den dunklen Himmel streckt.

Chinas Elend und Leid,
so weit und endlos wie diese Schneenacht.

Schnee fällt auf Chinas Erde,
Kälte riegelt China ab.

China,
in lichtloser Nacht
schrieb ich diese machtlosen Verse.
Können sie dir ein wenig Warme geben?

1937

Ai Qing


Schnee am Morgen

Schnee fällt, fällt ohne Laut,
Schnee fällt, fällt, hört nicht auf,
reiner weisser Schnee bedeckt den Hof,
reiner weisser Schnee bedeckt das Dach,
die ganze Welt so still, so still.

Den treibenden Schneeflocken zusehend
denke ich an einen Sommerwald,
an einen Morgen im Wald
vor langer, langer Zeit:
Überall glitzerte Tau,
die Sonne eben aufgegangen.
Aus dem Morgenlicht trat
ein kleiner Junge, barfüssig,
das Gesicht frisch wie eine Blume,
dem Mund entstieg ein leises Lied,
in der Hand den Bambusstab.
Er hob den zierlichen Kopf
die leuchtenden Augen durchdrangen
das dichte Laub auf der Suche
nach dem Laut der Zikade.

In der anderen Hand
hielt er eine Kette aus grünen Objekten –
auf einem langen Grashalm auf gefädelt
Heuschrecken, Goldkäfer, Libellen –
all das
erinnere ich deutlich.

Lange sind wir nicht mehr im Wald gewesen,
den Boden bedecken längst welke Blätter
und keines Menschen Schatten fällt auf sie.
Doch dieses Kind habe ich nie vergessen
und sein leise geflüstertes Lied,
weiss nicht, in welcher kleinen Hütte er jetzt lebt.

Den endlos treibenden Schneeflocken zusehend
möchte er vielleicht im Wald Schneebälle werfen
oder auf dem Teich Schlittschuh laufen.
Auf jeden Fall weiss er nicht,
dass jemand an ihn denkt
an diesem Morgen im fallenden Schnee.

November 1956

Ai Qing



Li Bo of Li Bai of Li Po – gedichten

KIJKEND NAAR DE VIJF OUDENPIEK IN HET
LU-GEBERGTE (725)

De Vijf Ouden in het zuidoosten van de Lu:
een gouden lotus tegen een helblauwe lucht.
De pracht van de negen stromen is er tastbaar
-hier heb ik mijn stek onder wolken en pijnen.

Li Bai


UITZICHT OP DE HEMELPOORTBERG (725)

Dwars door de Hemelpoortberg snijdt de Yangtze,
oostwaarts stromend water van smaragd draait hier noord.
Een nauwe passage tussen groene wanden
en een enkel, eenzaam zeil dat langs de zon gaat.

Li Bai


AFSCHEID VOORBIJ DE DOORNSTRUIKPOORT (725)

De Doornstruikpoort ligt nu ver achter mij,
de reis voert mij dwars door het land van Chu.
De bergen gaan over in de velden,
de rivier stroomt een open vlakte in.

De maan daalt neer – een spiegel in de lucht,
wolken ontstaan – een fata morgana.
Dierbaar water uit mijn geboortestreek
begeleidt mijn boot, tienduizend mijlen.

Li Bai


KIJKEND NAAR DE WATERVAL IN HET LU-GBERGTE
TWEE GEDICHTEN (725)

2

In de zon geeft de Wierookbrander paarse mist,
van ver lijkt de waterval een hangende beek.
De zwevende stroom daalt vanaf hoog kaarsrecht neer,
-alsof de zilveren Melkweg uit de lucht valt.

Li Bai



DE GELE KRAANVOGELTOREN, TEN UITGELEIDE VAN MENG HAORAN, DIE NAAR GUANGLING GAAT (728)

Mijn vriend verlaat de Gele Kraan in het westen:
stroomaf naar Guangling met lentemist en -bloemen.
De schim van het zeil verdwijnt in groene bergen,
ik zie alleen de Yangtze naar de kim stromen.

Li Bai


BEKLIMMING VAN DE XINPINGTOREN (730)

Aan de landsgrens beklim ik de toren,
heimwee treft mij diep in de late herfst.
De lucht is weids, de avondzon staat ver,
het water is helder, golven stromen koud.

Chinese wolken boven het bergbos,
Mongoolse ganzen boven de zandplaat
-tienduizenden mijlen van hemelsblauw,
het turen in de verte stemt me triest.

Li Bai


IN EEN OPWELLING GESCHREVEN BIJ HET BEKLIMMEN
VAN DE ROTSEN TIJDENS EEN UITSTAPJE AAN
WITWATER BIJ NANYANG (732)

’s Ochtends waad ik door de Witwaterbron,
en ben plots van de mensen gescheiden.
Het eiland biedt een prachtig landschapsschoon,
rivier en lucht zijn er zuiver en leeg.

Naar zee volgen mijn ogen de wolken,
sereen van hart – een vis in het water.
Ik blijf zingen tot de zon onder is,
keer bij maanlicht terug naar mijn veldhuis.

Li Bai


BEZOEK AAN DE QINGLINBRON BIJ NANYANG (732)

Heerlijk de schemer na zonsondergang,
zalig de puurheid van de koude bron.
Bij het westlicht drijf ik op het water,
en mijn reizigershart deint zachtjes mee.
Vrij zing ik, kijk naar de maan en wolken,
mijn lied gaat over in pijnboomgeruis.

Li Bai



OP EEN ZOMERDAG IN DE BERGEN

Loom wuif ik mijn witte verenwaaier,
en ontbloot mijn borst in het groene bos.
Ik doe mijn hoofdband af, hang hem aan een rots,
blootshoofds – vrij in de wind tussen pijnen.

Li Bai


TER VERSTROOIING (733)

Door de wijn merk ik niet dat het schemert,
dwarrelende bloesems vullen mijn kleed.
Dronken loop ik langs de maan in de beek,
vogels vliegen weg, ook mensen zijn schaars.

Li Bai


AFSCHEID VAN SONG ZHITI IN JIANGXIA (734)

Het water van Chu, helder als de lucht,
komt uit in de azuren zee, ver weg.
Duizend mijl zullen we gescheiden zijn,
onze vreugde beperkt zich tot één kom.

Vogelgetjilp vult de kloof in de zon,
gibbonzang volgt de stroom in de nachtwind.
Terwijl ik gewoonlijk niet zomaar huil,
laat ik nu toch een stortvloed van tranen.

Li Bai


DE RIVIER DE HENG, ZES CI-LIEDEREN (753)

4

Als de zeegod gepasseerd is, steekt de storm op,
golven beuken op de Hemelpoort, het klif splijt zich.
Zelfs de Zhe in de achtste maand is hier niks bij!
Woelige golven, hoog als bergen, spuiten sneeuw.

Li Bai


ALLEEN ZIT IK OP DE BERG JINGTNG (753)

Vogels vliegen weg, zo hoog als maar kan,
een eenzame wolk verdwijnt ongehaast.
Alleen de berg Jingting blijft nog over,
onvermoeibaar kijken we elkaar aan.

Li Bai


ZILVERREIGER (754)

Herfstwater, een zilverreiger daalt neer,
eenzaam door de lucht, als vallend rijp.
Lange tijd blijft hij op zijn gemak staan,
Alleen en fier rechtop naast een zandbank.

Li Bai


UITZICHT OP DE PAPAJABERG (755)

Ik zie ’s ochtends vroeg de zon opkomen,
’s avonds vogels naar hun nest teruggaan.
Een reizigershart is vanzelf bitter,
Eens te meer her voor de Papajaberg.

Li Bai



DRIE GEDICHTEN TEN UITGELEIDE VAN YIN SHU (761)

3
Stevig drinken we onder het bamboe,
onze lamp brandt zacht, de maan wordt weer koud.
Middernacht, verstoord door ons dronken lied
vliegt een zilverreiger op van het strand.

Li Bai


VRAAG EN ANTWOORD IN DE BERGEN (727)

Vraag waarom ik in de groene bergen verblijf
en ik lach maar antwoord niets – mijn hart is sereen.
De perzikbloesems drijven weg op het water,
dit is een andere wereld, ver van mensen.

Li Bai


LIED VAN DE WITTE WOLKEN, TEN AFSCHEID VAN LIU XVI
DIE TERUGKEERT NAAR DE BERGEN (744)

De bergen van Chu en Qjn in witte wolken,
witte wolken volgen u altijd overal.
Volgen u overal –
als u de bergen van Chu binnen gaat,
volgen ze u ook de rivier de Xiang over.
Hoog boven de rivier
met kleding van baardmos
gaat u, slapend op witte wolken, snel naar huis.

Li Bai


DE HERFSTWIND IS FRIS (756)

De herfstwind is fris,
de herfstmaan is fel.
Blad waait bijeen en weer uiteen,
een koude kraai landt en schrikt op.
Ik denk aan u, maar wie weet wanneer ik u zal zien?
Op dit moment, in deze nacht, ligt dat moeilijk.

Li Bai


BLAUWEREGEN

De blauweregen hangt in wolken neer,
bloementrossen versieren de lente.
In het dichte loof schuilen zangvogels,
in de geurvlaag bevindt zich een schoonheid.

Li Bai


VERBLIJF IN DE BERGEN, IMPROMPTU

In suite sluit ik mijn schamele deur,
onscherp uitziend in de zonsondergang.
Kraanvogels nestelen in de dennen,
vrijwel niemand bezoekt mijn bamboepoort.
Teergroene bamboe draagt een nieuwe glans,
rode lotus schudt zijn oude kleed af.
Bij het veer worden lantaarns ontstoken,
alom gaan waternootplukkers naar huis.

Li bai


AVONDZICHT BIJ EEN OPKLARING

Opklaring: weids zijn de wilde vlakten,
geen stofwolk te zien, zo ver het oog reikt.
De stadspoort is dicht bij de aanlegplaats,
de dorpsbomen leiden tot de beekmond.

Water glanst helder voorbij de velden,
toppen rijzen groen achter de bergen.
In de boerenmaand is iedereen druk,
het hele gezin werkt op het zuidveld.

Li Bai


Bron:
Berg en water. Klassieke Chinese landschapsgedichten. Samengesteld, vertaald en toegelicht door Silvia Marijnissen, Utrecht, Amsterdam, Antwerpen 2012 (Uitgeverij De Arbeiderspers



BEIM WEIN

Höre auf mich:
Verschmähe nicht den Wein!
Fühlst du den Wind, der weht?
Er lacht dich Nüchternen aus.
Sieh, wie die Bäume,
unsere ältesten Freunde,
übers warme Gras sich beugen,
die Blüten weit geöffnet,
wie die Goldamsel im Busch
trällert ihre Lieder,
wie in die goldnen Becher
blickt der goldne Mond.
Sie, die gestern noch
unmündige Kinder waren,
ihnen hat heut schon, Freund,
das Alter die Haare gebleicht.
Und der Schlehdorn wächst
in des hehren Palastes Gemächern,
auf der »Grossen Terrasse«
spielen die Rehe am Tag.
Wo sind die Kaiser und Herrn?
Nur die Zeit nimmt kein Ende,
und auf staubige Mauem
fallen die Schatten der Nacht.
Sterblich sind wir alle hier.
Lockt dich denn gar nicht der Wein?
Denk an die Ahnen, mein Freund,
sie schieden längst von der Welt.

Li Po


NACHTS MIT EINEM FREUND

Vergessen haben wir
die alten Sorgen,
und hundert Schalen Wein
löschen uns nicht den Durst.
Günstig ist die Nacht
Gesprächen unter Freunden,
und bei des Mondes Schein
bleibt der Schlaf uns fern,
bis dann unversehens
uns Ermüdeten
die Erde wird zum Lager,
Der Himmel zum deckenden Tuch.

Li Po


STROMENDE WASSER

lm strömenden Wasser
spiegelt sich der herbstliche Mond.
Auf dem südlichen See
ist Friede und Stille.
Und die Lotosblume will
mir etwas Trauriges sagen,
damit auch meine Seele
von Schwermut erfüllt sei.

Li Po


VOM »HERBSTLICHEN UFER«
SCHREIBE ICH AN MEINE FRAU

Ich hab keine Ruhe
niemals und nirgends,
stets weiter und weiter
vom Heim führt der Weg.
Ein Boot ist mein Haus jetzt,
ich wohn auf dem Wasser,
es bricht mir das Herz
beim Schreiben des Briefes.
Uns ist nicht vergönnt,
zu zweien zu wandern:
du bist im Norden,
ich im sengenden Süden.
Seit ich vor drei Jahren
das Haus und die Meinen
verlassen – was weiss ich
von dir, liebste Gattin?
Blass ist mein Gesicht,
ergraut meine Schläfen,
wo finde ich wieder
dein schalkhaftes Lächeln?
Ein Fremder kam einstmals
trunken vom Weine u
nd hielt in der Hand
ein farbiges Brieflein.
Ich hab deine samtnen
Zeichen gelesen,
und deutlich sah ich
die Buchstaben weinen.
Hundert Flüsse und Berge
versperren den Weg,
Doch im Wünschen und Denken
Bleiben wir eins.

Li Po



AUF SEIDE AUS LU …

Auf Seide aus Lu,
berühmt durch ihr strahlendes Weiss,
schrieb einen Brief ich dem Krieger
mit farbiger Tusche.

Zum fernen Meer
in das kalte und grausame Land
trägt ihn der Liebe Beschützer —
der Papagei.

Der Brief ist nur kurz,
hat der Zeichen und Zeilen nicht viel,
doch voller Bedeutung ist
der winzigste Strich.

Der Krieger empfängt
den Brief, das Siegel er löst.
Es strömen ihm lange die Tränen,
er kann sie nicht halten.

Die Träne versiegt,
die lange, lange geflossen.
Er denkt an die Tausende Li,
Die zwischen uns liegen.

Und jede Zeile,
jedes liebe, innige Wort
gilt mehr ihm als tausend Stücke
Gemünztes Gold.

Li Po


DER RABE SCHREIT BEI NACHT

Und wieder krächzt der schwarze Rabe —
im Laub des Baumes sucht er Schutz.

Die Wittib beugt sich. auf den Webstuhl:
blau kräuselt sich wie Rauch die Seide.

Tief seufzend blickt sie in das Dunkel,
und wieder geht sie einsam schlafen.

Li Po


GEDANKEN IN STILLER NACHT

An meinem Bett entlang
bildet der Mond einen Pfad.
Oder ist es der Tau?
Ich weiss es selber nicht.
Ich hebe den Kopf,
erblicke im Fenster den Mond.
Ich senke den Blick
und denk an die Heimat.

Li Po
699-762


Bron:
Chinesische Gedichte, Übertragen und herausgegeben von Abraham Horodisch, Gütersloh, z.j. (m Bertelsmann Lesering)



Zwiesprache in den Bergen

Du fragst, warum ich zwischen den blauen Felsen lebe.
Völlig mit mir im Reinen, kann ich nur lachen, nichts erwidern.
Auf dem Wasser treiben die Pfirsichblüten dem Dunkel entgegen,
in diesem Kosmos gibt es schliesslich nicht nur der Menschen Welt.

Li Bo


Der Blick vom Jiao Hügel auf den Songliao Bühl

Vom steilen Fels aus sehe ich den Songliao,
der sich, wie es scheint, verliert im azurblauen Dunst.
Wie kriege ich nur einen Regenbogen zu fassen,
der als weitgespannte Brücke bis in den Himmel reicht?
Wären mir die Unsterblichen wirklich zugetan,
würden sie mich winkend zu sich rufen.

Li Bo


Meng Haoran zum Geleit

Am Turm des gelben Kranichs
ein letztes Lebewohl dem alten Freund,
bevor’s nach Yangzhou geht,
flussabwärts, im Dunst des dritten Monats.
Kaum zu erkennen das einsame Segel
im diffusen Blau des fernen Horizonts.
Dem endlosen Strom schaue ich nach,
bis er eins wird mit dem Himmel.

Li Bo


Abschied von Wei, dem Achten

Aus Chang’ an warst Du angereist,
jetzt kehrst Du dorthin zurück.
Westwärts trägt ein Windstoss mein Herz,
bis es sich verfängt an einem Baum.
Meine Empfindungen sind kaum in Worte zu fassen:
Wann nur kommt die Zeit, dass wir uns wiedersehen?
Ich blicke hinterdrein, bis ich Dich aus den Augen verliere,
dort, wo in den Bergen Dunst und Nebel aufsteigen.

Li Bo


Einsam auf dem Jingting Berg sitzend

Davongemacht hat sich die Vogelschar da oben,
verwaiste Wolken zogen unbekümmert hinterdrein.
Den Blick einander zugewandt, harren nur
wir beide aus: der Jingting Berg und ich.

Li Bo


In Erinnerung an den Ostberg (1)

Schon lange war ich nicht mehr auf dem Ostberg.
Wie oft blühten dort seither die Rosen,
einten und lösten sich die weissen Wolken?
Nur, auf wessen Haus fällt jetzt wohl das Mondlicht?

Li Bo


Auf althergebrachte Weise (19)

Auf Luoyang blicke ich hinab
und schweife in die Ferne, wo sich
im blutbeschmierten Steppengras Barbarentruppen sammeln.
Wölfe und Schakale tragen allesamt Beamtenkappen.

Li Bo


Beim Betrachten des Wasserfalls in den Lu Bergen (2)

Purpurschwaden steigen auf im Sonnenlicht.
In der Ferne erblicke ich den Fluss, der sich
in die Tiefe stürzt. Man könnte fast glauben,
die Milchstrasse sei vom neunten Himmel gefallen.

Li Bo


Auf althergebrachte Weise (38)

Völlig von Unkraut überwuchert, wächst
die einsame Orchidee im hintersten Winkel des Gartens.
Im Frühling noch der Sonne frönend,
hangt sie im Herbst dem Mond entgegen.
Mit dem Raufrost, den der wispernde Wind
mit sich führt, droht das Verblühen.
Andererseits: Wenn keine frische Brise weht,
erreicht der Duft auch niemanden.

Li Bo


Bron:
Li Bo, Seidenreiher über allen Gipfeln. Gedichte. Chinesisch/Deutsch. Mit 25 Farbbildungen. Ausgewählt, übersetzt und herausgegeben von thomas O. Höllmann, Ditzingen 2024, (Reclam)



Gedanken in friedvoller Nacht

Nicht nur phantasievoll angereicherte Nachdichtungen können höchst unterschiedlich ausfallen, sondern auch die Übersetzungen namhafter Sinologinnen und Sinologen. Überraschen sollte das freilich nicht. Zwei wichtige Aspekte sind dabei das weite semantische Spektrum der Zeichen und die unsichere Bestimmung der Wortarten. Die Einordnung als Substantiv, Verb, Adjektiv oder Adverb war nämlich im Chinesisch der Tang-Zeit nicht eindeutig vorgegeben. Das Bedeutungsspektrum eines einzelnen Zeichens mit der Lesung shu soll das veranschaulichen:

als Substantiv: Schrift, Buch, Brief, Urkunde
als Verb: schreiben, verfassen, korrespondieren, beurkunden
als Adjektiv/Adverb: schriftlich, literarisch, brieflich, urkundlich

Schliesslich fehlen unter anderem Flexion (z. B. Deklination und Konjugation), Genus (z. B. maskulin und feminin), Numerus (z. B. Singular und Plural), Tempus (z. B. Präsens und Imperfekt) und Modus (z. B. Indikativ und Konjunktiv). Die damit vermittelten Informationen lassen sich lediglich durch zusätzliche Angaben – wie Zahlwörter und Zeitangaben – oder durch den Kontext erschliessen.
Das vermutlich bekannteste Gedicht Li Bos schildert seine “Gedanken in friedvoller Nacht”. Kein anderer poetischer Text wurde so häufig in westliche Sprachen übersetzt wie dieser ebenso einfache wie eingängige Vierzeiler, den er 631 auf einer Städtctour im ostchinesischen Küstenraum schrieb:


Gedanken in friedvoller Nacht

Bis an mein Bett drang der helle Schein,
fast so, als wäre der Boden von Reif bedeckt.
Ich blickte empor zum leuchtenden Mond,
gedachte dann mit gesenktem Kopf der Heimat.

Li Bo

Die beiden ersten Zeichen eines Verses bilden in der chinesischen Vorlage jeweils ebenso eine Einheit wie die letzten drei. Mit einem Reim enden die Zeilen eins, zwei und vier. Urn die Übersetzung nachvollziehbar zu machen, werden im Folgenden die Bedeutungen der insgesamt 23 Schriftzeichen nach den Kriterien von Geläufigkeit und geeigneter Wortart aufgeführt:

靜 夜 思
ruhig / Nacht / Gedanke

床 前 明 月 光
Bett / vor / hell / Mond / Glanz

疑 是 地 上 霜
Zweifel / sein / Boden / oben / Reif

舉 頭 望 明 月
heben / Kopf / schauen / hell / Mond

低 頭 思 故 鄉

beugen / Kopf / denken / alt / Dorf

Die drei Zeichen der Überschrift könnten jedoch auch ganz anders wiedergegeben werden, beispielsweise als »geordnet«, “Dunkelheit” und »Sehnsucht«. Indes würde ein »Besonnenes Begehren aus dem Dunkel« nicht nur im Kontext der darauf folgenden Verse kaum Sinn ergeben. Immerhin erschliesst sich aber aus der vorstrukturierten Aneinanderreihung der Wörter wahrscheinlich auch für den Laien ein nachvollziehbarer Inhalt. Und was machten deutschsprachige Autoren seit dem Ende des 19. Jahrhunderts daraus? Hier nun, chronologisch angeordnet, eine kleine Auswahl aus dem weiten Spektrum von Übersetzungen und Nachdichtungen:

Vor meinem Bette

Vor meinem Bette ich Mondschein seh’
als wär’ der Boden bedeckt mit Schnee.
Ich schau zum Mond auf, der droben blickt,
der Heimat denkend das Haupt mir sinkt.

ALFRED FORKE (1899)


In der Herberge

Vor meinem Bett wirft der Mond einen grellen Schein.
Ich wähne, es ist Frühreif, was am Boden glänzt;
Hebe das Haupt-und schau in den leuchtenden Mond
Senke das Haupt-und denk an mein Heimatland ….

HANS HEILMANN (1905)


In der Fremde

In fremdem Lande lag ich.
Weissen Glanz malte der Mond
vor meine Lagerstätte.
Ich hob das Haupt, ich meinte erst,
es seider Reif der Frühe,
was ich schimmern sah,
dann aber wusste ich:
der Mond, der Mond,
und neigte das Gesicht zur Erde hin.
Und meine Heimat winkte mir von fern.

HANS BETHGE (1907)



Wanderer erwacht in der Herberge

Ich erwache leicht geblendet, ungewohnt eines fremden Lagers.
Ist es Reif, der über Nacht den Boden weiss befiel?
Hebe das Haupt — blick in den strahlenden Mond
Neige das Haupt — denk an mein Wanderziel …

KLABUND (1915)


Erwachen in der Nacht

Vor meinem Bette spielt ein weisses Licht.
Ist es der Morgen schon? Ich weiss es nicht.
Und wie ich zweifelnd hebe mein Gesicht,
seh’ ich den Mond, der durch die Wolken bricht.
Da muss ich mich zurück aufs Lager senken
und heimatlos an meine Heimat denken.

VINZENZ HUNDHAUSEN (1926)


In einer Herberge

Vor meinem Bett liegt ein grellweisser Schein.
Ist das der Frühtau? Ich schlaf nicht mehr ein.
Auf blick ich plötzlich. Der Mond ist’s, der Mond.
Grüss dich, du Haus, wo das Mütterchen wohnt.

MAX FLEISCHER (1927)


Zur Nacht

Vor meinem Bette lag
vom Mond ein heller Schein.
Es war mir fast, als sei es
Reif am dunklen Rain.
Da hob ich meinen Kopf,
sah in den Mond gebannt
und senkte ihn: Mein Sinn
ging in mein Heimatland.

GÜNTHER DEBON (1953)


Nachtgedanken

Vor meinem Bett das Mondlicht ist so weiss,
Dass ich vermeinte, es sei Reif gefallen.
Das Haupt erhoben schau ich auf zum Monde,
Das Haupt geneigt denk ich des Heimatdorfs.

GÜNTER EICH (1973)


Nachtgedanken

Das helle Mondlicht auf meinem Lager
hab ich im Augenblick für Reif genommen.
Ich sehe auf zum Mond, senke das Haupt:
mir ist die Heimat in den Sinn gekommen.

VOLKER KLÖPSCH (1991)


Eine stille Nacht

Hell dringt ein Mondstrahl zu meinem Bett,
Schimmert so kalt wie der Frost.
Schaue nach oben, erblicke den Mond,
Senke den Kopf voller Heimweh.

CHEN MINGXIANG und HILDBURG HEIDER



Darüber hinaus schwirren natürlich noch zahllose weitere Versionen durch das Internet. Die Mehrzahl von ihnen wurde allem Anschein nach von Menschen geschaffen, die damit ihrer Freude an chinesischer Lyrik Ausdruck verleihen wolken. Zwar führt der Elan nicht zwingend zu grosser Poesie, doch ist die nicht zuletzt in Schulen gepflegte spielerische Annäherung an Texte aus fremden Kulturen allemal überzeugender als der Deutungsversuch eines namhaften Online-Dienstes:


Stille Nachtgedanken

Mondlicht vor dem Schlafengehen
Verdacht auf Bodenfrost
schau zum Mond hoch
Beugen Sie Ihren Kopf und denken Sie an Ihre Heimatstadt

Google-Übersetzer (2023)


Bron:
Li Bo, Seidenreiher über allen Gipfeln. Gedichte. Chinesisch/Deutsch. Mit 25 Farbbildungen. Ausgewählt, übersetzt und herausgegeben von thomas O. Höllmann, Ditzingen 2024, (Reclam)


GEDANKEN IN STILLER NACHT

An meinem Bett entlang
bildet der Mond einen Pfad.
Oder ist es der Tau?
Ich weiss es selber nicht.
Ich hebe den Kopf,
erblicke im Fenster den Mond.
Ich senke den Blick
und denk an die Heimat.

Li Po
699-762

Bron: Chinesische Gedichte, Übertragen und herausgegeben von Abraham Horodisch, Gütersloh, z.j. (m Bertelsmann Lesering)


Bei Dao



VOLMAAKT

aan het eind van een volmaakte dag
laten kleine mensen op jacht naar liefde
littekens achter in schemer

er moet volmaakte slaap bestaan
waarin engelen zorgdragen
voor bloeiende voorrechten

pas na volmaakte misdaad
lopen klokken gelijk
rijden treinen

volmaakte vlam in barnsteen
omringd door oorlogsgasten
die zich warmen

stilte valt, de maan rijst, volmaakt
een pillendraaier bereidt
zeer giftige tijd

Vertaling: 2001, Maghiel van Crevel



2008, Bei Dao

Uit: Jieju huo kaishi
Uitgever: Changjiang, Wuhan, China, 2008


OVERWINTEREN

wakker: in een pijnbos in het noorden –
van de aarde dwingend getrommel
in de boomstam zonlicht als drank
die het ijs van het duister opzweept
terwijl het hart huilt tegen wolven

wat storm ontvreemdt is storm
met schulden van sneeuw is de winter
groter dan zijn beeldspraak
heimwee als heerser van een rijk ten onder
op zoek naar dwaling voor altijd

de zee treurt om de levenden
sterren verlichten om beurten de liefde
wie heeft alles zien gebeuren
rivier die reikhalst naar hoornspel
opstand in de boomgaard

hoor je dat? mijn geliefde
wil dat wij hand in hand oud worden
en samen met de woorden in winterslaap gaan
nieuw geweven tijd laat een doodknoop achter
of een onvoltooid gedicht

Vertaling: 2009, Maghiel van Crevel


2008, Bei Dao

Uit: Jieju huo kaishi
Uitgever: Changjiang, Wuhan, China, 2008


DE ROOS VAN DE TIJD

als de deurwacht diep in slaap is
keer je om met de storm
en wat oud wordt in omhelzing is
de roos van de tijd

als de weg van de vogel de hemel afbakent
kijk je terug naar de zon die zakt
en wat verschijnt in verdwijning is
de roos van de tijd

als het mes breekt in het water
vertrap je fluitspel op de brug
en wat het uitschreeuwt in complot is
de roos van de tijd

als de pen een einder tekent
schrik je wakker van de gong van het oosten
en wat opengaat in weerklank is
de roos van de tijd

in de spiegel is eeuwig dit ogenblik
dit ogenblik leidt naar de poort van nieuw leven
en die poort staat open naar zee
de roos van de tijd

 
 
Vertaling: 2009, Maghiel van Crevel


2008, Bei Dao

Uit: Jieju huo kaishi
Uitgever: Changjiang, Wuhan, China, 2008


KRONIEKEN LEZEN

vijandige dauw in opstandige pruimebloesem
bewaakt het duister dat het noenzwaard uithouwt
de revolutie begint de volgende ochtend
en de klacht van een weduwe doorkruist de toendra als wolven

om de voorspelling trekken de voorouders zich terug
in een van geloof en verlangen omstreden rivier
zonder einde – alleen de kluizenaar in de draaikolk
ervaart de stilte van een ander soort gedachten

van hoog ziet men de zon die zakt op de troon
als beschaving en fluitspel vervliegen in de lege vallei
verheft zich het seizoen uit de puinhopen
klimmen vruchten over de muur op jacht naar morgen

Vertaling: 2009, Maghiel van Crevel



2008, Bei Dao

Uit: Jieju huo kaishi
Uitgever: Changjiang, Wuhan, China, 2008


BIJ HELDERE HEMEL

nachtpaard galoppeert over straatlantaarns
op de grond klinkt overal verdriet
ik zit op een hoek van de eeuw
met een kop koffie: in het stadion
is een voetbalwedstrijd bezig
toeschouwers springen op en worden kraaien
o gerucht van mislukking
als zon in de ochtend

oud worden als een klim
brengt me een verdieping hoger
in de wolken roeren heiligen de trom
en vissersboten stikken naden in de zee
wil dit ogenblik opvouwen langs de einder
laat maïs en sterren samen zijn

gods wanhopige armen
draaien over de wijzerplaat

Vertaling: 2009, Maghiel van Crevel




2008, Bei Dao

Uit: Jieju huo kaishi
Uitgever: Changjiang, Wuhan, China, 2008


VAKGENOTEN

dit boek is zwaar, als een anker
zinkt het weg in uitleg van overlevenden
je gezicht is een klok aan gene zijde van de oceaan
het is onmogelijk te praten
woorden drijven ’s nachts op zee
om ’s ochtends op te vliegen

gelach valt in een lege kom
de zon tolt aan een slagershaak
de eerste bus gaat op weg naar
het postkantoor aan het eind van de velden
o in die variaties op groen
de koning van het afscheid

weerlicht, boodschapper van storm
verdwaalt buiten de bloeiende dagen
ik volg je als je schaduw
van klaslokaal naar sportveld
onder woest groeiende populieren
worden we klein rennen weg van elkaar

Vertaling: 2009, Maghiel van Crevel



2008, Bei Dao

Uit: Jieju huo kaishi
Uitgever: Changjiang, Wuhan, China, 2008lied


HET ALLEREERSTE

dag en nacht nemen afscheid van boomtoppen
vleugels verzamelen het laatste licht
varen door golven beschutting van jeugd
de dood draait aan een kompas in het hart

buiten het montuur van de tijd luidt
de tiran van herinnering de klok – heimwee
de politie is op zoek naar de storm
en duizelig van de vingerafdrukken van het licht

de hemel likt zijn wonden in de vijver
sterren reserveren voor het nachttheater
een wees leidt blinde lofliederen
op de bergpas de maan tegemoet

het allereerste heeft geen naam
de rivier vernieuwt haar rooster
de zon steekt haar oogverblindend scherm op
brengt vreemdelingen weg

 Vertaling: 2009, Maghiel van Crevel



Bei Dao

Uit: Jieju huo kaishi
Uitgever: Changjiang, Wuhan, 2008


REISDAGBOEK

voordat de trein het woud in rijdt
valt de sneeuwstorm in de brandblusser in slaap
je luistert scherp naar het verleden –

bouwterrein in lamplicht:
hart geopend door scalpel
en iemand hamert galmt op ijzer
wat een zwakke hartslag

de brug springt een gat in de lucht
neemt de donkerste kant van het nieuws
mee voor de stad van morgen

voorwaarts! tot diep in de dag van morgen
taalkwaal van een kind
blindschrift van een sterrenhemel
zíj voeren het witte vaandel van de jeugd
en bezetten de hoogte van de jaren

bij het eindpunt word je vader
met grote passen door de velden
de bergtop is in één nacht grijs
en de weg keert zich om

Vertaling: 2009, Maghiel van Crevel




Bei Dao

Uit: Jieju huo kaishi
Uitgever: Changjiang, Wuhan, 2008


LIED ONDERWEG

in wederzijds vergeten van boom en boom
zet lyriek van de honden de aanval in
waar een weg zonder einde ophoudt
draait de nacht aan alle gouden sleutels
geen deur gaat voor jou open

een lampion eerbiedigt
de oude wet van de winter
ik loop recht op je af
je ontvouwt een waaier van geschiedenis
die dichtgaat als een eenzaam lied

avondklokken ondervragen je op hun gemak
hun dubbele weerklank antwoordt in jouw plaats
een donkere nacht vaart tegen de wind in
boomwortels staan heimelijk onder stroom
en in je boomgaard wordt het licht

ik loop recht op je af
als leidsman van alle wegen elders
als vonken zich een sneeuwbui aanmeten
verzegelt de zon die zakt het keizerrijk
ligt het boek der aarde hier open

Vertaling: 2009, Maghiel van Crevel


Bei Dao

Uit: Jieju huo kaishi
Uitgever: Changjiang, Wuhan, 2008


ZWARTE STADSKAART

torenkraaien passen ten slotte
de nacht aaneen: een zwarte stadskaart
ik ben terug – de weg naar huis
is altijd langer dan een dwaalspoor
langer dan een leven

neem een hart van winter mee –
bronwater en vergulde pillen
worden tot woorden van de nacht
herinnering blaft wild
en een regenboog licht op boven een zwarte markt
vaders levensvuur brandt nog maar laagik ben zijn weerklank
neem afslagen om afspraken te halen
geliefden van vroeger verscholen in de wind
en hun brieven wervelen rond

peking, laat me
al je lichten toedrinken
laat mijn grijze haren voorgaan
de zwarte stadskaart doorkruisen
als een storm je voorgaan, opvliegen

ik sta in de rij voor het klein loket
dat dichtgaat: o maan
ik ben terug – weerzien
is er altijd minder dan afscheid
één keer minder
 
Vertaling: 2009, Maghiel van Crevel



Bei Dao

Uit: Jieju huo kaishi
Uitgever: Changjiang, Wuhan, 2008


VOOR MIJN VADER
op een koude februarimorgen
heeft de eik ten slotte de maat van verdriet
vader, voor jouw foto
bewaart wind uit alle richting stilte aan tafel

vanuit mijn kinderjaren
zag ik je altijd op de rug
langs de weg naar heerschappij
hoedde je donderwolken en schapen

welbespraakte wind bracht stormvloed
een logica van stegen doordrong het mensenhart
jij riep mij tot zoonschap
ik volgde jou in vaderschap

het lot dat door je handpalm gutst
stuwt zon maan sterren in hun rondgang
onder een eenzame mannenlamp
krijgen dingen een dubbele schaduw

de broederstrijd der wijzers maakt
een scherpe hoek, sluit twee tot één
ziek onweer rolt het gasthuis van de nacht in
en bonst op je deur
de dageraad komt op als een clown
vonken geven je schone lakens
waar de klok tot stilstand komt
suist de pijl des tijds voorbij

gauw, achter de dodenkar aan
een dievenpad in het voorjaar
vraagt naar de rijkdom van de bergen
en een rivier omringt de klacht van het lied

leuzen verschuilen zich op muren
in de wereld is niet veel veranderd:
vrouwen keren zich om gaan op in de nacht
en uit de ochtend stappen mannen

Vertaling: 2009, Maghiel van Crevel



新世纪
倾心于荣耀,大地转暗
我们读混凝土之书的
灯光,读真理

金子的炸弹爆炸
我们情愿成为受害者
把伤口展示给别人

考古学家会发现
底片上的时代幽灵
一个孩子抓住它,说不

是历史妨碍我们飞行
是鸟妨碍我们走路
是腿妨碍我们做梦

是我们诞生了我们
是诞生

2001, Bei Dao

NIEUWE EEUW

verzot op glorie wordt de aarde donker
wij lezen van betonnen boeken
lamplicht, lezen waarheid

bommen van goud ontploffenwij zijn volgaarne slachtoffer
stellen aan anderen wonden ten toon

straks ontdekken archeologen
de tijdgeest op een foto-negatief
een kind pakt hem vast, zegt nee

geschiedenis die ons verhindert te vliegen
vogels die ons verhinderen te voet te gaan
benen die ons verhinderen te dromen

wij die ons geboren laten worden
geboorte

Vertaling: 2001, Maghiel van Crevel



AANWEZIGHEID

de kinderjaren, vol bloeiende versprekingen
we zullen het er niet meer over hebben
slenteren door het leven
kijken naar de zee achter het hek
terwijl de jaargetijden waarmee wij ons ooit verplaatsten
erin springen

de muziek is meedogenloos
het huwelijk slingert netjes rond
een levensmoe iemand
loopt naar het juiste adres
en gaat in rook op

golven van eindeloos verdriet
jagen de kinderen hun bed uit
het zonlicht verzamelt zich, valt uit elkaar
we zullen het er niet meer over hebben

Bei Dao

Vertaling: 1994, Maghiel van Crevel